Portrait von Nadja Hirsch
Nadja Hirsch
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Nadja Hirsch zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Adam M. •

Frage an Nadja Hirsch von Adam M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Hirsch,

ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie zu dem ESM-Vertrag stehen und über diesen denken. Insbesondere interessiert mich Ihre Haltung zu folgenden Punkten:

1. Artikel 9 ESM-Vertrag: Die Bedingungslose und unwiderrufliche Zusage, jeglichen Kapitalbedarf durch die EU binnen 7 Tagen zu überweisen.
Meine Frage: Warum müssen wir bedingungslos und unwiderruflich, also für immer und Ewig, diese Zusage machen?

2. Artikel 10 ESM-Vertrag: Der Gouverneursrat kann jederzeit das Grundkapital ändern und Artikel 8 anpassen - und wir müssen laut Artikel 9 bedingungslos und unwiderruflich folge Leisten.
Meine Frage: Sind die jetzt geforderten 700.000.000.000,00 (Siebenhundertmilliarden) etwas nur der Anfang? Kann es auf Billionen oder gar Billiarden anwachsen?

3. Artikel 27 ESM-Vertrag: Der ESM verfügt über volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit. Sein Eigentum, Finanzmittel und Vermögenswerte aber genießen umfassende gerichtliche Immunität.
Meine Frage: Warum kann der EMS und vor das Gericht zerren, er selber aber eine volle Immunität genießt? Gilt diese Immunität dann auch bei Rechtsverstößen und kriminellen Handlungen?

4. Artikel 30 ESM-Vertrag: Die Mitglieder, Direktoren und Stellvertreter genießen Immunität hinsichtlich ihrer Handlungen und Unverletzlichkeit ihrer amtlichen Schriftstücke.
Meine Frage: Warum können diese Personen nicht für Ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden? Gilt das allgemeine Recht für diese Personen nicht? Was ist mit "Unverletzlichkeit der Schriftstücke gemeint"? Dass man sie nicht kaputt machen darf, oder dass man sie erst gar nicht einsehen darf?

Wenn Sie sich ebenfalls diese oder ähnliche Fragen stellen sollten, dann bitte ich Sie, diesen Wahnsinn aufzuhalten.

Über eine Antwort bedanke ich mich bei Ihnen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Adam Makota

Portrait von Nadja Hirsch
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Makota,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum ESM-Vertrag.

Der "Europäische Stabilitätsmechanismus" soll die EFSF ablösen und dann voraussichtlich ab Mitte 2013 zu einem dauerhaften Rettungsschirm werden. Er soll mit 500 Mrd. Euro für Kredithilfen ausgestattet werden. Neben Bürgschaften steuern die Euro-Länder hier auch tatsächlich Kapital bei. Darüber hinaus sollen sich private Gläubiger beteiligen. Darauf haben sich die 17 Euro-Staaten bei einem Gipfeltreffen am 21. Juli verständigt. Bis Ende 2012 soll der Vertrag nun von den Parlamenten in den einzelnen Staaten ratifiziert werden.

Vorab ist zu betonen, dass der ESM-Vertrag in seiner konsolidierten Fassung noch nicht dem Bundestag vorgelegt wurde, dieser also darüber weder beraten noch abgestimmt hat. Wie Sie wahrscheinlich mitverfolgt haben, hat sich der Bundestag ein Vetorecht in Haushaltsfragen vor dem Bundesverfassungsgericht erstritten. Wie Sie daraus ablesen können, liegt die Kompetenz für Fragen, die den ESM-Vertrag betreffen, nicht beim Europäischen Parlament, dessen Mitglied ich bin, sondern beim Bundestag. Wir verfolgen selbstverständlich die Entwicklungen dort mit. Sie werden aber verstehen, dass ich Ihnen auf Ihre Fragen lediglich global antworten werde.

Wie Sie sicherlich wissen, laufen in der FDP gerade die Vorbereitungen für einen Mitgliederentscheid. Auch dieser hat mit dem ESM zu tun und wird die Positionierung der FDP diesbezüglich entscheiden. Ich selbst spreche mich offen für eine Stabilitätsunion aus. Ich sehe hierin den einzig gangbaren Weg für die FDP, denn der europäische Einigungsprozess ist herausragender Bestandteil unseres Selbstverständnisses. Wenn wir nicht aktiv an seiner Gestaltung mitarbeiten, verraten wir nicht nur unseren Selbstzweck, wir setzen die Zukunft Europas und seiner Bürger aufs Spiel. Einen Bestandteil der Stabilitätsunion könnte der ESM bilden, der allerdings nicht ohne eine verbesserte Finanzmarktregulierung und konsequente Haushaltsdisziplin in den Euro-Staaten funktionieren kann.

Es ist klar, dass uns Zögerlichkeit in dieser Krise nicht weiter bringt - im Gegenteil: sie birgt die Gefahr, dass die Lage sich weiter verschärft. Neben kurzfristigen Maßnahmen, die die Märkte nur temporär beruhigen, brauchen wir langfristige, gemeinsame Maßnahmen - darunter den ESM.

Mit freundlichen Grüßen

Nadja Hirsch