Frage an Nadja Hirsch von Pascal B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Hirsch,
es würde mich sehr interessieren, wie Sie zum seitens der Türkei mehrmals geforderten EU-Beitritt stehen. Der Großteil der EU-Bürger lehnt einen Beitritt ab, stehen Sie hinter den Interessen ebenjener EU-Bürger oder plädieren Sie für den EU-Beitritt der Türkei?
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Pascal Bähr
Sehr geehrter Herr Bähr,
die Positionierung der FDP hat sich nicht geändert und ist im Koalitionsvertrag festgehalten. Die relevante Textstelle habe ich Ihnen unten beigefügt.
Seit dem Europäischen Rat von Helsinki 1999 ist die Türkei als Kandidatenland anerkannt. Im Oktober 2005 wurden die Beitrittsverhandlungen aufgenommen und das sogenannte "Screening" in Gang gesetzt. Das heißt, es findet nun eine analytische Prüfung statt, wie weit die Türkei auf einen EU-Beitritt vorbereitet ist und mit dem gemeinschaftlichen Besitzstand (Acquis Communautaire) vertraut ist. Auch wenn das Ziel dieses Prozesses der Beitritt ist, werden die Gespräche ergebnisoffen geführt. Es gibt keinen Automatismus.
In den Beitrittskriterien ist klar enthalten, dass ein Land nur dann aufgenommen wird, wenn es beitrittsfähig ist und die EU aufnahmefähig. Für die Türkei gelten dieselbe Prozedur, dieselbe Fairness und derselbe Respekt wie für alle anderen Kandidatenländer.
In der EU haben wir ein gemeinsames Interesse daran, dass die Türkei weiterhin Richtung Europa blickt und auch die Türkei hat ein Interesse an einer engen Verbindung mit der EU. Neben engen Handelsbeziehungen und hohen EU-Direktinvestitionen, spielen Tourismus und auch die Wurzeln vieler Einwohner der EU in der Türkei eine Rolle.
In der kommenden Zeit wird das Screening weitergehen und der Prozess so lange dauern, wie eben notwendig ist, um die Beitrittsfähigkeit der Türkei und die Aufnahmefähigkeit der EU zu gewährleisten.
Koalitionsvertrag (S. 117)
"Deutschland hat ein besonderes Interesse an einer Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen zur Türkei und an einer Anbindung des Landes an die Europäische Union. Die 2005 mit dem Ziel des Beitritts aufgenommenen Verhandlungen sind ein Prozess mit offenem Ende, der keinen Automatismus begründet und dessen Ausgang sich nicht im Vorhinein garantieren lässt.
Sollte die EU nicht aufnahmefähig oder die Türkei nicht in der Lage sein, alle mit einer Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen voll und ganz einzuhalten, muss die Türkei in einer Weise, die ihr privilegiertes Verhältnis zur EU weiter entwickelt, möglichst eng an die europäischen Strukturen angebunden werden."
http://www.fdp-bundespartei.de/files/363/091024-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Nadja Hirsch