Frage an Nadja Hirsch von Gerhard B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Hirsch,
die Geburtenzahlen in Deutschland sinken erneut um ca. 17000, lt. Stat. Bundesamt.
Wie stehen sie zur Abtreibung durch soziale Indikation?
Wie stehen sie dazu, dass dies auch noch durch die Krankenkasse, sprich durch die Allgemeinheit finanziert wird?
Ca. 130 000 Tötungen ungeborener Menschen, weniger als 2 % sind kriminologisch oder durch gesundheitlich bedingt.
Wenn ich jetzt auf die unterste Frageebene gehe, kann sich ein Volk diese Massentötungen leisten, das mit einem derartigen Geburtenrückgang zu kämpfen hat?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Bauer
Sehr geehrter Herr Bauer,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass in Deutschland laut Gesetz der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig ist. Das Gesetz besagt allerdings auch, dass ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen nicht strafrechtlich verfolgt wird. Ich möchte also ausdrücklich darauf hinweisen, dass zu der emotionalen und körperlichen Belastung einer schwangeren Frau, die sich mit einer Entscheidung über eine Abtreibung konfrontiert sieht, zusätzlicher Druck aufkommen kann, da man laut unserem Gesetz noch immer in jedem Falle rechtswidrig handelt.
Zudem besteht in Deutschland die Verpflichtung, sich vor einem Schwangerschaftsabbruch beraten zu lassen. Die FDP sieht bei der Entscheidung über Abtreibung das Selbstbestimmungsrecht der Frau als vorrangig an. Ich glaube, es wäre verwegen, davon auszugehen, dass Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, dies "spontan" oder unüberlegt tun und geradezu verächtlich, sie des Totschlags zu bezichtigen.
In Deutschland gilt bei Schwangerschaftsabbruch sowohl eine Indikationsregelung als auch ein Fristenmodell. Bei der Indikation bleibt der Schwangerschaftsabbruch straflos (aber dennoch rechtswidrig), wenn die Schwangere sich vorher einer verpflichtenden Beratung unterzieht und eine kriminologische oder eine medizinisch-soziale Indikation vorliegt. In ersterem Fall kann es sich beispielsweise um eine Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung handeln. Im Falle der medizinisch-sozialen Indikation besteht Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren. Beide Fälle müssen allerdings zuvor vom Arzt festgestellt worden sein. Ausschließlich in solchen Fällen einer indizierten Abtreibung, die von einem Arzt festgestellt wurde, übernimmt die Krankenkasse die Kosten.
Daneben besteht das Fristenmodell, nach dem ein Arzt einen Schwangerschaftsabbruch bei Vorliegen einer Bescheinigung über eine vorherige Beratung vornimmt. Auch dieser Eingriff ist straffrei für die Schwangere, wird aber nicht von der Krankenkasse übernommen.
Glücklicherweise leben wir in Deutschland in einem Land, in dem Menschen selbst die Entscheidung über ihre Lebensplanung inklusive der Familienplanung überlassen wird. Für diese Freiheit haben wir lange gekämpft.
Mit freundlichen Grüßen
Nadja Hirsch