Frage an Nadja Hirsch von Wolfgang F. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrte Frau Hirsch,
wie ist Ihre Haltung zu den Wirtschaftspartnerabkommen (EPA) mit den AKP-Staaten und zu den EU-Agrarexportsubventionen?
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Funke
Sehr geehrter Herr Funke,
die FDP tritt für den Abbau aller Exportsubventionen der EU und enptsprechender marktverzerrender Subventionen in Nicht-EU-Mitgliedstaaten ein. Die Europäer sind inzwischen dabei, etwas mehr zur Waffengleichheit auf dem Agrarmarkt beizutragen. Die letzte GAP (Gemeinsame Agrapolitik)-Reform ist bis 2013 befristet und es ist davon auszugehen, dass dann die bisherigen Flächenprämien deutlich abschmelzen werden. Ziel muss sein, dass künftig nur noch die Benachteiligung der europäischen Landwirtschaft bei Umwelt- und Tierschutzvorschriften ausgeglichen wird. Darüber hinaus gehende direkte Subventionen wird es nach Vorstellung der FDP künftig nicht mehr geben.
Zur Bewertung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) ist es notwendig, die Entwicklung zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten (Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten) zu sehen.
Die engen Beziehungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik und im Pazifik fanden ihren Ausdruck in den seit 1975 geltenden Lomé-Kooperationsabkommen, die Zoll- und Abgabenfreiheit für Produkte aus den AKP-Ländern im Sinne eines einseitigen Präferenzsystems gewährten.
Seitdem wurden alle fünf Jahre Folgeabkommen (Lomé- Abkommen I-IV) abgeschlossen. Die Anzahl der teilnehmenden Staaten erhöhte sich auf Seiten der AKP-Staaten im Laufe von 25 Jahren von 46 (1975) auf 77 Staaten (2000), womit gegenwärtig 638 Millionen Menschen in das Abkommen einbezogen sind. Als Folge der 1995 vollzogenen Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) mussten die AKP-EU-Beziehungen mit ihrem einseitigen Präferenzsystem auf eine grundsätzlich neue Vertragsgrundlage gestellt werden. Mit dem Abschluss des Abkommens von Cotonou im Jahr 2000 wurde das Sonderverhältnis der EU zu den AKP-Staaten fortgesetzt. Nicht richtig ist daher der Vorwurf, dass die EU die AKP-Staaten unter Zeitdruck setzten. Spätestens seit dem Cotonou-Abkommen im Jahr 2000 ist bekannt gewesen, dass die Sonderregelungen der Lomé-Verträge Ende 2007 auslaufen werden. Die neuen im Cotonou-Abkommen vereinbarten, WTO-konformen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sind nach wie vor so ausgestaltet, dass längere Übergangsfristen für eine Marktöffnung eingeräumt werden, während die EU ihre Märkte sofort öffnen muss. Besonders sensible Produkte können aus der Liberalisierung herausgenommen werden bzw. Übergangsfristen von 20 Jahren eingeräumt werden.
Tatsache ist, dass es der Mehrheit der AKP-Staaten mit dem vergangenen System bislang nicht gelungen ist, ihren existierenden, potentiellen Wettbewerbsvorteil im Handel mit der EU zu nutzen. Weder gab es eine Steigerung des Anteils der AKP-Staaten am Handel mit Europa, noch ist es zu einer Diversifizierung der von den AKP exportierten Handelsgüter gekommen.
In diesem Zusammenhang kritisiert die FDP-Fraktion aber seit langem die Finanzierung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen.
Wie bei den Lomé Verträgen auch, wird die Entwicklungszusammenarbeit mit den AKP-Staaten im Rahmen des Cotonou Abkommens über den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) finanziert, der weder der Kontrolle des europäischen Parlamentes noch der nationaler Parlamente unterliegt. Mit der Integration des EEF in den EU-Haushalt würden die AKP-Staaten mehr Eigenständigkeit erlangen, da die Abhängigkeit von Beiträgen der Mitgliedstaaten zum EEF, die nach freiem Ermessen und nach eigenem Interesse geleistet werden, beendet wird. Ferner sorgt die Budgetierung des EEF für die Transparenz sämtlicher Ausgaben an Drittländer.
Darüber hinaus lehnt die FDP-Fraktion das Cotonou Abkommen dahingehend ab, dass es die Differenzierung in AKP und Nicht-AKP-Staaten fortsetzt. Das Abkommen umfasst lediglich zwei Drittel aller Entwicklungsländer. Anstatt auf historische Verbindungen zu setzen, sollte sich die europäische Entwicklungszusammenarbeit aber nach der Bedürftigkeit der Länder richten.
Viel entscheidender für den Handel und die politischer Zusammenarbeit zwischen den beiden Staatengruppen ist der Abbau europäischer Agrarsubventionen. Die EU regelt nach wie vor den Markt und bestimmt, wer wie viel produzieren darf. Noch schlimmer: In Europa hergestellte Lebensmittel werden mit Geldern von Steuerzahlern auf dem Weltmarkt verschleudert. Die Hälfte des EU-Haushalts wird für Agrarsubventionen aufgewendet und die EU-Exportsubventionen verhindern, dass ärmere Länder am Markt bestehen können, denn mit den niedrigen Preisen können Produzenten in Entwicklungsländern oft nicht mithalten.
Die Bundesregierung ist daher jetzt aufgefordert, auf der Ebene der Europäischen Union dafür Sorge zu tragen, ernsthafte Anstrengungen zur nachhaltigen Stärkung des Freihandels zu unternehmen. Angesichts der Erstarrung der Doha-Welthandelsrunde zählen hierzu - wenn nötig - der einseitige und unkonditionierte Abbau weiterhin bestehender Handelsbarrieren wie Importzölle, produktionsabhängige Subventionen, staatliche Preis- und Mengeninterventionen und der beschleunigte Abbau von Exportsubventionen bis zum Jahr 2013.