Frage an Muhterem Aras von Daniel M. bezüglich Sport, Freizeit und Tourismus
Sehr geehrte Frau Aras,
erst einmal möchte ich sagen, dass ich es toll finde, dass Sie als Landtagspräsidentin die Schirmherrschaft für das Wahlportal von Abgeordnetenwatch übernommen haben! Eine starke und wichtige Botschaft für Transparenz und Vertrauen!
Nun zu meiner Frage: Wie stehen Sie aktuell zum Thema Mountainbiken und "2-Meter-Regel"?
Mountainbiken boomt, und das nicht erst seit Corona. In Deutschland fahren rund 15,6 Mio. Menschen Mountainbike, 3,6 Mio. davon häufig (Quelle statista.de). Runtergerechnet sind das in Ba-Wü rund 2,1 Mio. Menschen (und wahrscheinlich aufgrund der gegenüber Norddeutschland geeigneteren Geographie in Wahrheit deutlich mehr...). Daneben ist Mountainbiken auch ein wichtiger Gesellschafts- und Wirtschaftsfaktor bei uns im Ländle: Vereine, Fahrradhändler, Hersteller, MTB-Schulen, Reiseveranstalter und vor allem auch der Tourismus in unseren schönen Mittelgebirgen.
Leider gibt es bekanntermaßen bei uns als einzigem Bundesland die sogenannte 2-Meter-Regel (und übrigens gibt es auch in den beliebten MTB-Destinationen Schweiz und Österreich nichts vergleichbares). Diese Regel gehört abgeschafft! Sie ist weder zweckmäßig noch angemessen. Begründet wird die Regel ja mit dem Schutz von Fußgängern/Wanderern (und nicht wie oft fälschlich angenommen dem Naturschutz, wofür sie aber ebenfalls nicht zweckmäßig wäre). In Tat und Wahrheit ist die Regel sogar kontraproduktiv: Gerade die bei Mountainbikern beliebten Singletrails sind für Wanderer weder attraktiv noch geeignet (steil, schmal, mit Steinstufen etc.) - und genau diese sind laut Regel verboten. Das heißt, wenn sich alle MTBler daran halten, dann wird es gerade auf den breiten Spazierwegen um so voller - und genau dort kommt es zu den manchmal (wenn auch selten) als störend empfundenen Begegnungen von MTBlern und Spaziergängern.
Können Sie sich vorstellen, eine Überprüfung und ggf. Abschaffung der Regel zu unterstützen?
Freundliche Grüße aus Stuttgart-Süd
Daniel Meyer
Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wie Sie richtig schreiben ist der Fahrradtourismus ein wichtiger und wachsender Wirtschaftsfaktor für das Land, die Regionen und unsere Tourismusbetriebe – nicht erst seit Corona. Deshalb wollen wir unsere Aktivitäten insgesamt verstärken: bei der Infrastruktur, den Förderprogrammen und der Vermarktung. Dass der Fahrrad- und Mountainbikesport boomt, bringt zugleich die Herausforderung mit sich, verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen: Sensible Bereiche im Wald benötigen unseren Schutz, Erholungssuchenden wollen wir die Möglichkeit geben, fußläufig wie auch mit dem Rad den Wald zu erleben, Fahrradtouristen sollen in Baden-Württemberg attraktive Routen vorfinden und Mountainbiker die Möglichkeit haben, auf geeigneten Strecken ihren Sport auszuüben.
Dass viele Menschen wieder den Zugang zur Natur finden und ein Interesse an Outdooraktivitäten entwickeln, freut mich dabei sehr. Zugleich verschärft diese Entwicklung die Nutzungskonflikte zwischen einzelnen Interessenvertreten wie den Sportverbänden, der Forstwirtschaft, dem Naturschutz und den Erholungssuchenden im Wald. Außerdem erfüllt der Wald zahlreiche Funktionen. Vom Natur-, Klima- und Artenschutz, über die Bereitstellung natürlicher Bau- und Werkstoff bis zu den unterschiedlichsten Erholungsfunktionen müssen die verschiedenen Bedürfnisse und Interessenkonflikte der Beteiligten in Einklang gebracht werden.
Ein gutes Beispiel für die Interessenkonflikte, die sich aus der vielfältigen Nutzung des Waldes ergeben, ist die „2-Meter-Regel“ bzw. die von Ihnen geforderte Abschaffung. In der Tat ist Baden-Württemberg das einzige Land, welches die Formulierung „zwei Meter“ ausdrücklich im Landeswaldgesetz festgeschrieben hat, jedoch kennen auch andere Bundesländern Einschränkungen. In den Waldgesetzen anderer Bundesländer wird nicht auf eine konkrete Wegbreite, sondern auf unbestimmte Rechtsbegriffe verwiesen. In Bayern ist das Radfahren beispielsweise auf „geeigneten“ Waldwegen zulässig. Was genau ein geeigneter Waldweg darstellt ist dabei häufig zwischen Radfahrenden, Wandernden, Waldbesitzenden etc. umstritten.
Deshalb setzen wir auf regionale Lösungen. Vor Ort sollen die beteiligten Verbände, Kommunen und Interessengruppen gemeinsam Single-Trails ausweisen, um die verschiedenen berechtigten Nutzungsformen unter einen Hut zu bekommen. Darüber hinaus werden wir in der nächsten Legislatur an einem runden Tisch Lösungen für die Nutzungskonflikte erarbeiten, die allen Beteiligten gerecht werden. Ich halte dies – also die verschiedenen Interessenvertreter direkt an einen Tisch zu bringen – für den sinnvollsten Weg, u.a. auch in Bezug auf die „2-Meter-Regel“ eine zufriedenstellende Lösung für alle zu finden.
Mit freundlichen Grüßen – und weiterhin viel Vergnügen beim Mountainbiken!