Frage an Moritz Ostwald von Jörg E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Ostwald,
als Landesbeamter und ver.di-Mitglied interessiert mich Ihre Position zu folgenden Fragen:
1. Die Beamten des Freistaats Bayern müssen seit dem 1.9.2004 pro Woche 42 Stunden arbeiten, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich erhalten zu haben. Was tun Sie, um die Arbeitszeit der Beamten wieder an den Tarifbereich (40,1 Stunden) anzupassen?
2. Als Ausgleich für die hohen Lebenshaltungskosten im Ballungsraum München dient die "Ergänzende Fürsorgeleistung", landläufig "München-Zulage" oder Ballungsraumzulage genannt. Diese beträgt für die Beschäftigten des Freistaats Bayern seit ihrer Einführung 75 EUR. Wie stehen Sie dazu, die Ballungsraumzulage an die allgemeine Einkommensentwicklung anzupassen, so wie dies bei den Arbeitnehmern der Landeshauptstadt München der Fall ist?
3. Wie stehen Sie dazu, dass auch im klassischen hoheitlichen Bereich der Justiz vermehrt Privatisierungstendenzen zu beobachten sind (Aufgaben des Gerichtsvollziehers sollen von sog. "beliehenen" Unternehmern wahrgenommen werden; Betrieb von Justizvollzugsanstalten; Übertragung von Aufgaben des Nachlassgerichts auf die Notare)? Würden z.B. bei einer Übertragung von Justizaufgaben auf Notare nicht nur gut kostendeckende Verfahren (Testamentseröffnung usw.) privatisiert, während nicht kostendeckende Verfahren (z.B. Nachlassstreitigkeiten) beim Staat bleiben (Schlagwort „Privatisierung der Gewinne, Vergesellschaftung der Verluste“)?
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Egerer
Sehr geehrter Herr Egerer,
im künftigen Landtag werde ich mich dafür einsetzen, die reguläre Arbeitszeit von Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst wieder anzugleichen, da die unterschiedliche Behandlung insbesondere dort zu Spannungen führt, wo beide Berufsgruppen nebeneinander arbeiten. Auch ist ein Sonderopfer von Beamten nicht begründbar.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, daß eine differenzierte Bezahlung sinnvoll ist, d. h. die sog. München-Zulage weiterzuzahlen und ggf. auch anzupassen ist. Sie sollte allerdings auch für höhere Lohngruppen gezahlt werden, da diese genauso von den hohen Lebenshaltungskosten in München getroffen werden. Auch in höheren Besoldungsstufen muß der öffentliche Dienst einigermaßen attraktiv sein. Angesichts von 25 Mrd. ? Staatsschuld ist die München-Zulage allerdings im öffentlichen Dienst selber zu gegenfinanzieren.
In der Tat halte ich die Privatisierung von vielen hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Hand für problematisch. Ich kann mir in Deutschland etwa private Gefängnisse kaum vorstellen. Nach meinem vorläufigen Eindruck sind die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse der ersten Pilotprojekte auch keineswegs so überzeugend, wie sie gelegentlich dargestellt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß auf eine strenge Kostenkontrolle bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben verzichtet werden kann. Der Staat hat hier Vorreiter zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Dipl. sc. pol. M. F. W. Ostwald