Frage an Monika Lazar von Raimund F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Lazar,
warum beschränkt sich der Kampf gegen Rechtsextremismus nur auf deutsche Rechtsextreme?
Ich zitiere aus einer Anfrage der Abgeordneten Jelpke aus dem Jahre 95 zum Thema "Rechtsextr. und islam.-fundament. türk. Gruppen in der BRD"
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Gegründet wurde die Partei [MHP] als auch ihre Jugendorganisation Graue Wölfe von dem Ex-Oberst A. Türkes nach den Vorbildern der NSDAP und der SA. Die MHP fordert mit rassistischer und islamischer Begründung ein großtürkisches Reich nach dem Führerprinzip.
Die in sogenannten Kommandolagern militärisch ausgebildeten Jugendlichen in der Türkei traten bis zum Militärputsch 1980 als Schlägertrupps gegen die linke Opposition auf und waren in den 70er Jahren nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen für über 4.000 Morde in der Türkei verantwortlich.
Aus diesen Kommandolager-Strukturen bzw. Schlägertrupps bildeten sich die Grauen Wölfe.
http://dip.bundestag.de/btd/13/020/1302063.asc
Warum werden Personen, die auf die Gefahren ausländischer Extremisten in Deutschland hinweisen, als Ausländerfeinde gebrandmarkt?
Ich zitiere aus einem Artikel des Kölner Stadtanzeigers:
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Graue Wölfe agitieren an Kölner Schulen
Türkische Nationalisten finden Anhänger unter Kölner Schülern. Diese sorgen an Schulen für ein Klima der Angst. Lehrer fühlen sich allein gelassen.
K. Demirkaya, Leiter eines AK Integration der Kölner CDU: „Die Anhänger der Grauen Wölfe haben Rückhalt in der Parallelgesellschaft.“ [..] „Es gibt in Deutschland so viele Programme gegen deutschen Rechtsradikalismus.“ Solche Aktivitäten müsse es auch gegen den türk. Extremismus geben.
Von einem offensiven Umgang mit dem türk. Extremismus und Nationalismus sind Schulen, aber ebenso die zuständige Schulverwaltung noch weit entfernt. „Auch die Schulleitungen haben Angst“, sagen die Betroffenen. Schnell gerate man in eine ausländerfeindliche Ecke. Niemand wolle seiner Schule schaden und so bleibe das Thema ein Tabu.
http://www.ksta.de/html/artikel/1143027867762.shtml
MfG
Sehr geehrter Herr Fischer,
sicher existieren in Deutschland verschiedene Gruppierungen, die extremistische Positionen vertreten. Die allergrößten Probleme sehe ich dabei im Bereich des Rechtsextremismus, denn dieser ist überall in der Bundesrepublik und in allen Gesellschaftsschichten anzutreffen. Daher wird dieses Thema in letzter Zeit auch verstärkt öffentlich wahrgenommen und diskutiert.
Das bedeutet aber nicht, dass andere Extremisten, z.B. gewaltbereite Gruppen mit Migrationshintergrund, frei agieren dürfen. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen sich an die Gesetze halten. Religiös oder nationalistisch motivierter Extremismus beschränkt sich selbstverständlich nicht nur auf Deutsche. Manche Verfassungsschutzämter berichten z.B. auch von türkischem Extremismus. Im Unterschied zum Rechtsextremismus handelt es sich dann aber - meiner bisherigen Erfahrung nach - meist um eher lokale Grüppchen, die nur in einem begrenzten Umfeld tätig sind (z.B. an einer bestimmten Schule). In diesen Fällen müssen dann die zuständigen staatlichen Behörden einschreiten, sofern es zu Straftaten und Bedrohungen kommt.
Bündnis 90/Die Grünen finden, dass mehr Prävention nötig ist. Menschen mit Migrationshintergrund werden zu oft sich selbst überlassen und erhalten keine Perspektiven. Das erhöht Ghettobildung und extremistische Positionen. Daher werben wir für Integrationsmaßnahmen wie zum Beispiel das Erlernen der deutschen Sprache, gleiche Bildungschancen auch für Menschen mit ausländischen Wurzeln, kulturelle Vielfalt und Toleranz als positive Werte und Dialog zwischen verschiedenen Gruppen.
Sie fragen auch: Warum werden Personen, die auf die Gefahren ausländischer Extremisten in Deutschland hinweisen, als Ausländerfeinde gebrandmarkt? Dazu möchte ich Ihnen meine Beobachtung mitteilen. Wer eine "Gefahr durch ausländische Extremisten" an die Wand malt, begeht meist zwei Fehler: Erstens: Er tut es in sehr verallgemeinernder Form, als wären ALLE "Ausländer" potentiell gefährlich. Zweitens: Er übertreibt, zeichnet aus Einzelfällen ein angeblich riesiges gesamtgesellschaftliches Problem. So etwas kann dann in die rechtsextreme These von der "Gefahr der Überfremdung" münden. Und solche Haltungen dienen nicht dem friedlichen und respektvollen Zusammenleben in unserer Gesellschaft.Ich glaube, dass Zugewanderte aus anderen Kulturen unser Land bereichern können.
Trotzdem darf es jedoch kein Tabu sein, auch auf Gewalt durch ausländische Mitmenschen im eigenen Umfeld hinzuweisen, wenn diese vorhanden ist. In konkreten Fällen, wenn z.B. in bestimmten Situationen Angst geschürt wird, muss eingegriffen werden, dabei ist aber nicht in erster Linie wichtig, welche Nationalität die gewaltbereiten Gruppenmitglieder haben. Vielmehr müssen wir uns fragen, warum in unserer Gesellschaft manche junge Menschen so wenig Hoffnung haben, dass sie andere terrorisieren. Dahinter steckt meist viel Geltungsbedürfnis und Hilflosigkeit. Und mit solchen Problemen, da stimme ich Ihnen zu, dürfen wir die Menschen nicht allein lassen. Lehrpersonal muss besser geschult werden, junge Menschen - gleich welcher Herkunft - brauchen Zukunftsperspektiven und jede Gewalt muss bekämpft werden.
Viele Grüße
Monika Lazar