Frage an Monika Lazar von Holger S. bezüglich Wirtschaft
Liebe Frau Lazar,
ich nehme Frau Merkels "Verhandlungsergebnis" zum ausgeweiteten Rettungsschirm zum Anlass, einmal ganz explizit zu fragen, ob Sie tatsächlich glauben, daß Schweden, Tschechen, Dänen, Norweger und Briten schlechtere Europäer sind. Diese haben ihre nationalen Währungen behalten und fahren sehr gut damit. Wenn Sie demnächst im Bundestag wieder zustimmen sollen zur neuen alternativlosen EURO-Rettung, dann möchte ich doch bitten, daß Sie endlich aufwachen in Ihrem bequemen Berliner Raumschiff. Ohne Gegenleistung der Schuldnerländer werden diese "gerettet" mit Milliarden Steuergeldern und niemand im Bundestag scheint endlich auf die Barrikaden zu gehen gegen das Alternativlos-Argument. Auch Ihre Partei nicht. Wissen Sie denn eigentlich, wie das Geldsystem funktioniert? Ist die Entscheidungsvorlage für die Abstimmung denn wiklich fundiert?
Sie leisten sich im Bundestag monatelange Debatten um 3,- Euro-HartzIV mehr oder weniger und winken dann Milliarden an Bürgschaften und Hilfen ohne Gegenleistungen/Sicherheiten an einem Nachmittag durch. So wird das ganze Parlament eine Farce.... (fassungslos).
Achso - zurück zu meiner Frage: Sind Schweden, Tschechen, Dänen, Norweger und Briten tatsächlich schlechtere Europäer, weil sie Euro und Europa auseinanderzuhalten wissen?
Viele Grüße
Holger Schack
Sehr geehrter Herr Schack,
danke für Ihre Frage zum Euro-Rettungsschirm.
Ihr kritischer Hinweis auf die monatelangen Debatten um die geringfügige Hartz-IV-Erhöhung ist absolut berechtigt. Ich persönlich fand das Verhalten der Bundesregierung sehr beschämend und kann alle Menschen, die darüber nur noch den Kopf schütteln, gut verstehen. Seit Jahren setze ich mich dafür ein, die Armen und finanziell Bedürftigen staatlich stärker zu unterstützen. Wenn Deutschland reich genug ist, anderen Ländern zu helfen, darf die eigene Bevölkerung allein gelassen werden.
Prinzipiell bin ich aber auch der Ansicht, dass wir nicht nur bis zu unseren Landesgrenzen denken dürfen.
Bündnis 90/Die Grünen haben von Beginn die Europäische Union befürwortet. Wir halten deshalb die Entscheidung, die europäische Währung zu schützen, für richtig. Allerdings müssen die Bedingungen stimmen.
Selbstverständlich halte ich europäische Länder ohne Euro nicht für "schlechter". Dennoch bin ich überzeugt davon, dass ein starker Euro für Deutschland und die anderen beteiligten Länder eine gute Sache ist, von der die Menschen profitieren können.
Sehr gern erläutere ich Ihnen, wie für mich eine vernünftige Strategie für die Währung Euro aussieht.
Der Euro selbst ist stabil, nach wie vor. Von einer "Eurokrise" würde ich nicht sprechen. Eine solche wäre mit extremen Wechselkursschwankungen und gravierender Inflation verbunden. Dennoch gibt es Probleme: Die Verschuldung steigt in fast allen europäischen Staaten, die Finanzmärkte trauen der finanziellen Leistungsfähigkeit einiger EU-Länder kaum mehr und viele der europäischen Banken stehen nach wie vor auf wackligen Beinen.
Die grünen Lösungsansätze lauten wie folgt:
- Wir brauchen einen glaubwürdigen Stabilitäts- und Wachstumspakt, der die Eigenverantwortung der Staaten für ihre Staatsfinanzen stärkt.
- Die Wirtschaftspolitik zwischen den Euro-Ländern muss verstärkt werden, um Leistungsungleichgewichte abzubauen, so dass keine "finanzielle Rettungspolizei" mehr gebraucht wird.
- Ein Insolvenzverfahren für EU-Staaten unter Einbeziehung der privaten Gläubiger muss eingerichtet werden. Sie dürfen nicht länger geschont werden. Außerdem ist eine Stärkung der Risikovorsorge im Bankensystem dringend erforderlich.
- Kurzfristig wäre eine Erleichterung der Kreditkonditionen für Irland und Griechenland sinnvoll. Es liegt auch im Interesse der deutschen Steuerzahlenden, dass diese Länder ihre Schulden zurückzahlen können.
- Wir plädieren außerdem für die Einführung von Euro-Bonds zur Stabilisierung des Euro-Währungsgebiets.
- Sehr wichtig ist auch eine starke Beteiligung des europäischen Parlamentes und der nationalen Parlamente, damit die Interessen der Bevölkerung politisch gewahrt werden und nicht nur finanztechnisch entschieden wird.
Abschließend möchte ich betonen, dass ich damit die Gefahren nicht kleinreden will. Vor allem die hohe Staatsverschuldung, die zu Lasten der Menschen - und der nachfolgenden Generationen - geht, macht mir Sorgen. Ein simples "Weiter so" darf es hier nicht geben! Bündnis 90/Die Grünen haben Sparvorschläge in Milliardenhöhe unterbreitet, z.B. bei umweltschädlichen Subventionen oder Rüstungsausgaben. Auch im kommenden Haushaltsverfahren im Herbst werden wir die Bundesregierung wieder mahnen, an der richtigen Stelle zu sparen. Nur so können Mittel für Arme, Arbeitslose und Familien freigesetzt und Zukunftsbranchen wie erneuerbare Energien und Bildung gezielt gefördert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Lazar