Frage an Michel Brandt von Janina B. bezüglich Menschenrechte
Sehr geehrter Herr Brandt,
in Zeiten einer Pandemie leben zurzeit rund 20.000 Geflüchtete auf engstem Raum beisammen. Die Hygienezustände sind katastrophal, an sauberem Wasser und sanitären Anlagen mangelt es. Es gibt lediglich 8 Personen als Pflegepersonal und nur 3 Ärzt*innen ( https://de.statista.com/infografik/21169/daten-und-fakten-zum-fluechtlingslager-moria-auf-lesbos/ ). Diese Zustände sind unmenschlich. Was gedenken Sie als Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humantiäre Hilfe zu tun, damit die Situation nicht noch weiter eskaliert, damit die Bundesrepublik wieder dem in Art. 1 des Grundgesetzes gesetzen Anspruch gerecht wird und alles dafür tut, dass die Würde aller Menschen unantastbar bleibt?
Mit freundlichen Grüßen
J. B.
Hallo Frau Bauer,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Lage der schutzsuchenden Menschen in den Hotspots ist wirklich unerträglich. Ich setze mich intensiv für die Geflüchteten auf den griechischen Inseln und auf dem Festland ein. Allein in dem für 3.000 Menschen ausgelegten Geflüchtetenlager Moria auf der Insel Lesbos müssen knapp 20.000 schutzbedürftige Menschen ausharren. Die Pandemie ist für diese Menschen deshalb sehr gefährlich, gerade weil die EU und die griechischen Behörden ihrer Verantwortung zum Schutz der geflüchteten nicht nachkommen. Deshalb setzen wir uns konsequent dafür ein, die Menschen aus den griechischen Lagern zu evakuieren.
Als Abgeordneter der Linksfraktion war ich zusammen mit meiner Kollegin Cornelia Möhring mehrmals in Griechenland. Anfang September 2019 haben wir auf der griechischen Insel Lesbos im Lager Moria und in Athen mit Geflüchteten, Hilfsorganisationen und Behörden gesprochen (https://michelbrandt.de/reise-nach-griechenland-lesbos-und-athen/). Im Oktober 2019 haben wir einen Antrag in den Bundestag eingebracht und gefordert, unbegleitete Minderjährige schnellstmöglich aus den Hotspots zu evakuieren (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/140/1914024.pdf). Zwar hat die Große Koalition mittlerweile beschlossen, wenige Kinder aus den Lagern zu holen, doch in Anbetracht der Pandemie ist es überhaupt nicht ausreichend, nur 47 Kinder in Deutschland aufzunehmen. DIE LINKE fordert, dass alle Menschen sofort aus den griechischen Hotspots evakuiert werden.
Anfang 2020 war ich zudem in Nordgriechenland in den Lagern Nea Kavala und Diavata, um mir ein Bild von der Situation der Geflüchteten auf dem griechischen Festland zu machen und um mit Menschenrechtsanwält*innen zu sprechen. Auch hier ist das Fazit: Geflüchtete müssen unverzüglich EU weit verteilt und menschenwürdig untergebracht werden. Die Lager-Politik der EU ist schlicht unmenschlich (https://michelbrandt.de/bericht-ueber-menschenrechtliche-lage-in-fluechtlingslagern-auf-in-nordgriechenland/).
Anfang März war ich schließlich zusammen mit meiner Kollegin Özlem Demirel aus dem Europaparlament an der griechisch-türkischen Grenze. Hier werden Geflüchtete zum Spielball der EU-Abschottungspolitik und türkischer Machtinteressen. Kaum irgendwo wird deutlicher, dass wir in der EU endlich zu den Grundprinzipien der Menschenrechte zurückkehren müssen (https://michelbrandt.de/bericht-und-erstes-fazit-von-der-griechisch-tuerkischen-grenze/).
In einem aktuellen Konzeptpapier haben wir die 5 wichtigsten Forderungen zur Aufnahme Geflüchteter zusammengefasst: (https://www.die-linke.de/start/nachrichten/detail/solidaritaet-heisst-niemanden-vergessen/). Wir müssen gemeinsam weiter den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, um den Geflüchteten zu helfen. Eine gute Möglichkeit, sich für das Thema weiter stark zu machen, ist jede regionale Seebrücken-Gruppe.
Freundliche Grüße
Michel Brandt