Michael Scheffler
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Frage von Lothar F. •

Wie ist ihre Einstellung zu den Corona Maßnahmen?

Einmal allgemein im internationalen Kontext , andere Länder hatten nie einen Lockdown wie Schweden oder Florida und speziell an den Schulen , hier wäre besonders die Masken Pflicht, Testpflicht und Druckaufbau sich Impfen zu lassen

Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.

Was die Ergreifung von Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie seit Anfang 2020 angeht, hätte ich mich mehr Einheitlichkeit innerhalb der einzelnen Bundesländer und Deutschlands gewünscht. Hier hat sich unser förderalistisches System nicht von seiner besten Seite gezeigt. Die Buchhandlung musste schließen, der Schreibwarenladen war geöffnet; in dem einen Geschäft mit ca. 400 m² durften sich vier Kunden aufhalten, in dem anderen mit 250 m² waren es acht; die eine Freiluftveranstaltung fand statt, die andere nicht.

Die Umgänge mit der Pandemie zeigen landesweit, dass Politik es anfangs mit einem kaum beherrschbaren Ereignis zu tun hatte, wobei man nicht kenntnislos gewesen ist, was das Visrus angeht. In einem gewissen Maß könnte man hier also Nachsicht walten lassen. Was ich aber nicht verstehe ist, dass Hinweise aus der Wissenschaft auf politischer Seite lange in den Wind geschlagen und anschließend nur zögerlich umgesetzt wurden. Von anfänglicher Verharmlosung und Ignoranz, über Nachlässigkeit bis hin in überzogene Handlungen und Chaos wurde den Bürgern alles abverlangt. Unterschiedliche Abstands-, Masken- und Isolierungsregelungen bestimmten den Alltag. Eine einheitliche Linie hätte mehr Menschen angesprochen und wäre auf mehr Verständnis gestoßen. International sieht es aus meiner Sicht ähnlich aus.   

Was die Frage angeht, ob eine Corona-Impfpflicht eingerichtet werden sollte, muss ich sagen: Ja, wenn es nicht möglich würde, dass auf freiwilliger Basis die Impfquote ein wissenschaftlich erforderliches Maß erreicht. Sofern medizinisch nichts dagegenspricht, ist das Sich-impfen-Lassen nicht nur Selbstschutz, sondern auch Fremdschutz (siehe Masernimpfpflicht). Es ist ein Beitrag zum Gemeinwohl, das wir alle wollen. Und Gemeinwohl setzt Solidarität voraus. Die wissenschaftliche Evidenz spricht dafür, dass wir eine hohe Impfquote im Kampf gegen das Virus erreichen müssen, um unser aller grundlegendes Interesse an körperlicher Unversehrtheit für möglichst viele Mitglieder der Solidargemeinschaft erfüllen zu können. Wird die erforderliche Impfquote nicht erreicht, drohen erneut Maßnahmen zur Eindämmung bis hin zu einem erneuten Lockdown. Corona-Tote, Long Covid-Patienten, Insolvenzen, lebenslange Bildungsnachteile einer ganzen Generation - all dem kann mit einer hohen Impfquote entgegengewirkt werden. Mitglieder einer Solidargemeinschaft (und das sind wir alle) können sich nicht auf ihre Autonomie pochen, ohne zugleich die Autonomie aller anderen in ihr Denken und Handeln einzubeziehen. Die Berufung auf die Eingenverantwortung und Freiheit ist für mich kein moraltheoretisch vertretbarer Grund zur Impfverweigerung. Bei statistisch gesehen verschwindend geringen Nebenwirkungen erst recht nicht.