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Michael Kuffer
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Frage von Gertrud M. •

Frage an Michael Kuffer von Gertrud M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kuffer,

mehr als die Hälfte und damit die Mehrheit der Deutschen ist laut einer aktuellen Umfrage nicht für die als gesetzliche Verpflichtung zur Organ-/Körperspende benannte Widerspruchslösung https://www.zeit.de/news/2019-05/25/umfrage-organspende-fast-50-prozent-fuer-widerspruchsloesung-190525-99-370307 .

Dies ist umso bedeutsamer, da seit Jahren unablässig für die Organ-/Körperspende in allen Medien geworben wird und sich viele Politiker persönlich in allergrößter Weise zu jeder Zeit dafür einsetzen. Es wird das Narrativ verbreitet, dass Menschen sterben weil sie kein neues Organ bekommen! Menschen sterben weil sie sterblich sind oder an einer tödlichen Krankheit leiden! Sie bekommen kein neues Organ bei einer Transplantation, sondern ein verbrauchtes und geschädigtes Organ eines anderen Menschen, welches der eigene Körper nicht haben will und mit allen Mitteln versucht abzustossen. Ich frage mich, warum es nicht um eine Verbesserung der Funktion des vorhandenen Organs in der Diskussion geht, sondern nur um die Steigerung von Organ-/Körperverwertungenszahlen in den Kliniken? Ist dies nicht ein wesentlicher Unterschied?

Bei einer repräsentativen Umfrage zum Thema Hirntod als Kriterium für den irreversiblen Ausfall des Gehirns, waren 40 Prozent der Befragten der Meinung, unter diesen Umständen dürften keine Organe entnommen werden. Selbst Besitzer eines Organspendeausweises wussten nicht besser Bescheid über das Hirntodkriterium. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/101153/Grosse-Wissensluecken-beim-Thema-Organspende

Sehen Sie unter diesen Umständen nicht die dringende Notwendigkeit einer ausführlichen (Zwangs-)Information der Bürger über die medizinischen Hintergründe und einen für jedermann verständlichen, ausführlichen und bildhaften Beschreibungsablauf der Organ-/Körperspende vom Ablegen des Hirntoten auf den OP-Tisch bis zum Verpacken der gewonnenen Organ- und Körperteile und deren weltweite Verteilung?

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von Michael Kuffer
Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Maier,

für Ihre Anfrage zum Themengebiet Organspende bedanke ich mich.

Dieses Thema ist angesichts seiner Tragweite und der damit verbundenen elementaren Fragen naturgemäß herausfordernd und von emotionalen Debatten begleitet. Obwohl jeder Mensch zu diesen Fragen – häufig aufgrund eigener Erfahrungen – meist eine klar definierte Meinung besitzt, findet die Debatte darüber zu selten und in der Regel nur anlassbezogen statt. Es sollte uns deshalb zu aller erst darum gehen, miteinander ins Gespräch zu kommen und auf sachliche und empathische Weise Argumente auszutauschen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es nur so gelingen kann, anderen Meinungen mit Respekt zu begegnen, Positionen miteinander in Einklang zu bringen und bestehende Missverständnisse auszuräumen.

Wie Sie richtig festhalten, ist für den Tod eines Menschen ursächlich eine Krankheit, ein Unfall oder ein anderweitiges gesundheitliches Problem verantwortlich. Die Erkenntnisse und Methoden unserer Medizin entwickeln sich aber glücklicherweise täglich weiter und ermöglichen es daher, dass immer mehr Menschen in lebensbedrohlichen Lagen geholfen werden kann. Medizinische Verfahren und Techniken sind dabei in manchen Fällen aber allein nicht ausreichend. Die Fortentwicklung der Transplantationsmedizin ermöglicht es heute jedoch, vielen schwerkranken Menschen mit einem Spenderorgan zu helfen und ihr Leben zu verlängern.

Zur Wahrheit gehört es deshalb auch, dass die Anzahl der Spenderorgane in Deutschland aktuell – auch im Vergleich zu vielen ähnlich entwickelten Staaten und Gesundheitssystemen – leider sehr niedrig ist. Dies trägt mit dazu bei, dass aktuell etwa 10.000 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan warten. Alle acht Stunden stirbt einer dieser Menschen, während er wartet. Laut einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen dabei 84 Prozent der deutschen Bevölkerung Organspenden positiv gegenüber. Im Fall der Fälle ein Organ empfangen wollen sogar 95 Prozent. Einen Organspendeausweis besitzen jedoch nur 36 Prozent. Deshalb arbeitet die Bundesregierung seit langem daran, diese Diskrepanz aufzulösen und die Spenderzahlen sukzessive zu erhöhen. Denn die Menschen entscheiden sich häufig nicht bewusst dagegen zu spenden, sondern es mangelt ihnen teils eher an der Gelegenheit, sich in der gebotenen Ernsthaftigkeit mit diesen elementaren Fragen auseinanderzusetzen. Es ist zwar durchaus verständlich, dass man sich nicht gerne mit unbequemen Fragen wie diesen befassen möchte. Doch auch wenn diese Auseinandersetzung Überwindung kostet, ist sie zu wichtig, um sie aus unserem Bewusstsein zu verbannen.

Selbstverständlich ist es vollkommen legitim, sich gegen Organspenden zu entscheiden. Dies setzt jedoch voraus, dass man sich zumindest mit den Fragen zu diesem Thema auseinandergesetzt und eine wohl durchdachte Entscheidung für sich getroffen hat. Essentieller Bestandteil dieser Entscheidung sollten meines Erachtens auch aktuelle Erkenntnisse der Medizin sein. Erlauben Sie mir deshalb anzumerken, dass das oberste Ziel jeder medizinischen Behandlung darin besteht, dass ein Patient seine eigenen Organe behalten kann und durch eine Operation, Medikamente oder sonstige Behandlungen geheilt wird. Eine Organtransplantation stellt in der Regel die letzte Behandlungsmöglichkeit dar.

Sie sprechen auch die Gefahr an, dass ein gespendetes Organ vom Körper des Empfängers abgestoßen wird. Es stimmt, dass transplantierte Organe zunächst als fremd erkannt werden, woraufhin das Immunsystem Abwehrmechanismen in Gang setzen kann. Diese sollen jedoch durch die Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten auf ein Minimum reduziert werden. Die genaue Zusammenstellung und Dosierung der Medikamente legen Ärzte im Transplantationszentrum stets für jeden Patienten individuell fest, sodass die Funktionsfähigkeit des transplantierten Organs langfristig bestmöglich erhalten bleibt.

Sehr geehrte Frau Maier, Sie merken völlig zu Recht an, dass wir die Aufklärung der Bevölkerung zum Thema Organspende noch deutlich verbessern können. Genau an diesem Punkt setzt das am 16. Januar diesen Jahres im Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende an. Er sieht vor, dem Problem der niedrigen Spenderzahlen durch bessere und gezieltere Aufklärung entgegenzuwirken. So soll jeder Bürger regelmäßig über Organspenden informiert werden: etwa wenn er zum Hausarzt geht oder einen neuen Ausweis beantragt. In einem bundesweiten Online-Register beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information können Bürgerinnen und Bürger dann freiwillig und eigenständig eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben. Diese Regelung wahrt das Selbstbestimmungsrecht und die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen ohne Einschränkungen. Dennoch veranlasst sie die Menschen dazu, sich mit dieser bedeutsamen Frage auseinanderzusetzen und wird somit hoffentlich zu einer höheren Zahl an potenziellen Organspendern führen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Kuffer