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Michael Hennrich
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Frage von Vera N. •

Frage an Michael Hennrich von Vera N. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Hennrich,

ich bin Medizinstudentin in Riga, derzeit arbeite ich an einer Präsentation : Sexuell Transmitted Disease in Europe. Epidemiology and Prevention.

In meinem Semester bin ich die einzige Deutsche unter Skandinaviern. Seit 2001 ist das Infektionsschutzgesetz für das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in Kraft getreten.

D.h. ich finde in Deutschland nichts über die Epidemiology bestimmter STD heraus. Warum hat Deutschland sich für dieses Gestz entschieden und was wird sich daraus erhofft im Vergleich z.B zu Schweden.

Über eine kurze Erklärung wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mfg Vera Nowak

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Nowak,

die genaue Situation in Schweden kann ich leider nicht einordnen, möchte Ihnen aber den Zweck des Gesetzes erläutern und auch kurz darstellen, wie sich dies auf den Bereich der STD auswirkt. Zweck dieses Gesetzes ist es, Leben und Gesundheit des Einzelnen wie der Gemeinschaft vor den Gefahren durch Infektionskrankheiten zu schützen. Die Mittel und Wege zur Erreichung dieses Zweckes werden im Gesetz geregelt.
Es werden die wesentlichen Elemente zum Schutz vor übertragbaren Krankheiten genannt: Vorbeugung, frühzeitige Erkennung von Infektionen und Verhinderung der Weiterverbreitung.
Die Prävention einer Infektion ist die wirksamste, kostengünstigste und damit wichtigste Maßnahme zum Schutz vor übertragbaren Krankheiten. Maßnahmen der Vorbeugung reichen von Aufklärung und Information der Bevölkerung, persönlicher Hygiene, dem Aufbau und Erhalt eines ausreichenden Impfschutzes bis zu besonderen Präventionsmaßnahmen in Lebensmittel- und anderen Bereichen einschließlich Gemeinschaftseinrichtungen.
Ohne ein frühzeitiges Erkennen des Auftretens und der Ausbreitung übertragbarer Krankheiten können Maßnahmen der Vorbeugung nicht ausreichend und gezielt geplant und die Weiterverbreitung der Krankheitserreger nicht wirksam verhindert werden. Erkennen umfasst die ärztliche oder labormedizinische Diagnose, die Veranlassung antiepidemischer Maßnahmen im Einzelfall, die Übermittlung der diagnostischen Beobachtungen an koordinierende Stellen sowie die Analyse und Bewertung dieser Meldungen. Alle verfügbaren Erkenntnisse über Auftreten und Ausbreitung übertragbarer Krankheiten sowie über Eigenschaften der Krankheitserreger müssen für gesundheitspolitische Konzepte der Prävention und effektive Bekämpfungsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung genutzt werden.
§ 1 Absatz 2 macht deutlich, dass der Schutz vor Infektionen und die Verhinderung ihrer Weiterverbreitung insbesondere davon abhängt, dass die Anstrengungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes - dazu gehören insbesondere Gesundheitsämter und Medizinaluntersuchungsämter -, der niedergelassenen Ärzte aller Fachrichtungen, Krankenhäuser, wissenschaftlicher Einrichtungen und sonstiger Beteiligter durch das eigenverantwortliche Handeln einzelner im Gesetz genannter Personengruppen ergänzt und unterstützt werden. Ein wichtiger Zweck des Gesetzes ist es, die Regeln für eine organisierte, effektive und vertrauensvolle Zusammenarbeit festzulegen.
Die Verhinderung der Infektion ist ein vorrangiges Ziel der Prävention übertragbarer Krankheiten. Diese Legaldefinition berücksichtigt die Tatsache, dass nicht in jedem Fall die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Vermehrung zu einer Krankheit führt, infizierte Personen jedoch gleichwohl den aufgenommenen Krankheitserreger weiterverbreiten können.
Die Legaldefinition der "übertragbaren Krankheit" nimmt die Definition des § 1 BSeuchG auf. Zur Klarstellung werden neben den Krankheitserregern auch die von Krankheitserregern freigesetzten toxischen Produkte als Krankheitsursache genannt, da bei einigen Infektionskrankheiten nicht die Krankheitserreger selbst, sondern die von ihnen produzierten toxischen Substanzen die Ursache der Erkrankung sind. Als Beispiel kann die Lebensmittelvergiftung durch Botulinus-Toxin genannt werden.
Nummer 4
Die Information über Infektionsgefahren und die individuellen Möglichkeiten zu deren Verhütung spielen eine überragende Rolle beim Schutz vor Infektionen. Dies haben besonders eindrucksvoll die Informationskampagnen zur Nutzung der Schluckimpfung gegen Kinderlähmung und die effektiven Aufklärungsanstrengungen bei der Eindämmung von AIDS gezeigt. Eine vergleichbare Regelung findet sich in den §§ 14 und 15 GeschlKrG, in denen die Aufklärung als besondere Aufgabe der Gesundheitsämter und anderer Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge genannt ist. Entsprechend der großen Bedeutung wird die Verpflichtung zur Aufklärung und Information als öffentliche Aufgabe in den Abschnitt "Allgemeine Vorschriften" aufgenommen. Die sachgerechte Aufklärung schließt ein, dass die zuständigen Stellen gezielte und wirksame Präventionsstrategien entwickeln und diese regelmäßig auf Effizienz und Effektivität überprüfen. Diese Vorschrift richtet sich nicht nur an die Gesundheitseinrichtungen selbst, sondern auch an Behörden wie z.B. Jugendamt oder Schulamt.
Die effektive Vorbeugung übertragbarer Krankheiten sowie die frühzeitige Erkennung von Infektionen, verbunden mit Maßnahmen zur Verhinderung ihrer Weiterverbreitung erfordern zum Schutz der Bevölkerung eine übergreifende Koordination. In den Ländern nehmen die Obersten Landesgesundheitsbehörden diese Aufgabe wahr. Auf lokaler Ebene erfolgt in der Regel die Koordination der Maßnahmen durch die zuständigen Gesundheitsämter. Eine hierüber hinausgehende Koordination sieht das BSeuchG nicht vor. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte hat aber gezeigt, dass eine regionale Analyse der Krankheitsverbreitung und eine regional beschränkte Abstimmung über die jeweils zu ergreifenden Maßnahmen häufig den anstehenden Problemen nicht gerecht wird. Seit Jahren wird deshalb von den Ländern eine infektionsepidemiologische Leitstelle gefordert.
An erster Stelle der Pflichten bei der Koordinierung und Früherkennung steht die umfassende Aufgabe, Konzeptionen zur Vorbeugung, zur Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionskrankheiten zu entwickeln. Konzepte zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten gründen sich auf den Stand des Wissens und der Technik, eine qualifizierte Analyse erhobener Daten sowie deren Bewertung und Schlussfolgerungen für Interventionen.
Die Detailkenntnis in den Bereichen Ursache, Diagnostik und Prävention ausgewählter übertragbarer Krankheiten versetzt das Institut erst in die Lage, wirksame und effektive Vorschläge im Bereich Infektionsschutz zu erarbeiten.
Die Aufgabe des Robert Koch-Instituts besteht darin, die aktuellen wissenschaftlichen Informationen über Infektionskrankheiten den Fachkreisen zugänglich zu machen, damit diese möglichst zeitnah in der Prävention, Diagnostik und Therapie berücksichtigt und nutzbar gemacht werden. Die Entwicklung von Strategien des Infektionsschutzes finden ihren unmittelbaren Ausdruck in der Erstellung und Veröffentlichung von Empfehlungen zu einzelnen Aspekten der Vorbeugung und Erkennung von Infektionsrisiken sowie Bekämpfung von Infektionskrankheiten.
Eine bundesweite Zusammenfassung und Bewertung der Meldungen nach dem Infektionsschutzgesetz
ist ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes. Die bisher entsprechend § 5a BSeuchG und § 11 a GeschlKrG erstellten Bundesstatistiken enthalten allein numerische Auflistungen. Sie werden mit großem Zeitabstand zum Erhebungszeitraum veröffentlicht. Zur Erkennung aktueller Ereignisse oder schnell ablaufender Entwicklungen sind sie ungeeignet, ebenso für die Beurteilung von speziellen Trends. Die vorgesehenen Falldefinitionen und die Meldungen an das Robert Koch-Institut erlauben einen ausreichend schnellen Überblick über die infektionsepidemiologische Situation und die Erkennung wichtiger Trends in der Verteilung meldepflichtiger Krankheiten.
Als bedrohlich sind insbesondere solche übertragbare Krankheiten anzusehen, die aufgrund schwerer Verlaufsformen oder ihrer Ausbreitungsweise eine Gefährdung der Bevölkerung darstellen.
Nur durch das Bündeln aller Informationen und den gezielten Einsatz aller vorhandenen Ressourcen können die notwendigen Erkenntnisse gesammelt und Wissenslücken geschlossen werden, um damit die Basis für die effektive Erkennung und Bekämpfung einer solchen (neuen) Infektionskrankheit zu schaffen. Anfang der 80er Jahre wurde auf diese Weise in den USA AIDS als eigenständiges Krankheitsbild entdeckt. In einer bis dahin noch nie dagewesenen konzertierten Aktion von Epidemiologen, Klinikern und Mikrobiologen wurden in kurzer Zeit der Erreger gefunden sowie wirksame Präventionsstrategien entwickelt. Die vorgesehene Ausgestaltung dient insbesondere der Festlegung von Informationsaustausch und Konsultationsverfahren für Krisenfälle mit allen beteiligten Stellen. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit ausländischen und internationalen Organisationen und Behörden.

Die in Absatz 3 aufgenommenen Erreger rechtfertigen keine namentliche Meldung, da das Gesundheitsamt im Einzelfall nicht unmittelbar tätig wird. Sie sind jedoch aus folgenden Gründen nichtnamentlich meldepflichtig:
Der Nachweis von Treponema pallidum (Syphilis) und HIV gibt wichtige Aufschlüsse über die Verbreitung der Infektionen und den Erfolg von Aufklärungsstrategien zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten.
GeschlKrG § 11a Abs. 2: E-IfSG § 7 Abs. 3:
Jeder Fall einer ansteckungsfähigen Erkrankung an einer Geschlechtskrankheit ist ohne Nennung des Namens zu melden.
§ 1 GeschlKrG legt folgende Krankheiten als Geschlechtskrankheiten fest:
- Syphilis (Lues)
- Tripper (Gonorrhoe)f
- Weicher Schankerd
- Venerische Lymphknotenentzündung
- Treponema pallidum42b
- HIV
GeschlKrG § 12:
Namentlich ist zu melden, wenn der Kranke sich weigert die Behandlung zu beginnen,
fortzuführen oder unterbricht.
LabBerPflV § 2: E-IfSG § 7 Abs. 3:
Wer Bestätigungsteste zum Nachweis von Antikörpern gegen HIV durchführt, hat die positiven
Ergebnisse in Form eines anonymen Berichtes zu melden.

Da notwendige Regelungsinhalte des Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in dieses Gesetz aufgenommen werden, beschreibt § 19 Abs. 1 Aufgaben, wie sie von den Gesundheitsämtern in Ausführung des 4. Abschnitts des Geschlechtskrankheitengesetzes wahrgenommen werden. Sie werden über die im Geschlechtskankheitengesetz genannten Krankheiten hinaus auf alle sexuell übertragbaren Krankheiten ausgedehnt. Wegen ihrer besonderen gesundheitspolitischen Bedeutung wird auch die Tuberkulose (vgl. Begründung zu § 6 Abs. 2) einbezogen.
Aufklärung und Beratung der Allgemeinheit sowie die Bereitstellung von Hilfsangeboten wird nach § 3 zum zentralen Anliegen in der Infektionsprävention erhoben. § 19 stellt eine Präzisierung dieser Aufgaben in bestimmten Fällen dar. Viele Regelungen aus dem Geschlechtskrankheitengesetz haben sich als nicht mehr zeitgemäß und überflüssig erwiesen. So sind die §§ 7 und 8 GeschlKrG, soweit sie das Stillen fremder Kinder bzw. die Abgabe von Muttermilch betreffen, nicht übernommen worden, da das Stillen von Kindern durch andere Personen als die leibliche Mutter heute eine völlig untergeordnete Rolle spielt. Ferner konnte auf die Übernahme einer entsprechenden Regelung des § 7 Abs. 4 GeschlKrG, wonach derjenige, der an einer Geschlechtskrankheit leidet oder zu irgendeiner Zeit an Syphilis gelitten hat, kein Blut spenden darf, verzichtet werden, da in diesem speziellen Fall die Regelungen des Transfusionsgesetzes Anwendung finden.
Dass die generelle Ausübung von Zwang, namentlicher Erfassung und polizeilicher Kontrolle dazu führen kann, dass Personen mit Geschlechtskrankheiten ärztliche Kontakte (und damit eine Behandlungsmöglichkeit) meiden, zeigen zahllose medizinische und sozialwissenschaftliche Untersuchungen. Dies betrifft insbesondere bestimmte soziale Gruppen, die aus verschiedenen Gründen die klassischen Versorgungseinrichtungen meiden. Gerade diese Gruppen können jedoch durch sexuell übertragbare Krankheiten besonders gefährdet sein und können diese - wenn nicht unverzüglich sachgerecht beraten und behandelt wird - auch entsprechend weitergeben. Dabei darf das Untersuchungsangebot auch im Zusammenwirken des Gesundheitsamtes mit anderen medizinischen Einrichtungen sichergestellt werden.
Dass Gesundheitsämter im Bereich der ärztlichen Schweigepflicht und des medizinischen Datenschutzes umfassendes Vertrauen genießen, hat gerade die Arbeit in den AIDS- und Geschlechtskranken- Beratungsstellen gezeigt.
In der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesen (GVG) war eine medizinische Behandlung durch das Gesundheitsamt ausgeschlossen. In den Gesundheitsdienstgesetzen einiger Länder ist dieses Verbot aufgehoben und für psychisch Kranke die Behandlungsmöglichkeit auch gesetzlich verankert. Das hinter dem Angebot von Beratung und Untersuchung stehende Ziel, sexuell übertragbare Krankheiten und Tuberkulose bei anders nicht zu erreichenden Personengruppen zu erkennen und Dritte vor Ansteckung zu schützen, kann durch die Möglichkeit der aufsuchenden Arbeit und einer sofortigen medikamentösen Therapie - sofern möglich - seitens des Gesundheitsamtes besser erreicht werden. Es wird allerdings auf die Einzelfälle beschränkt, in denen die Personen das bestehende ärztliche Versorgungsangebot nicht wahrnehmen und deshalb die Gefahr der Weiterverbreitung der sexuell übertragbaren Krankheit oder der Tuberkulose besteht. Im
Hinblick auf die besondere Sensibilität soll das Angebot bei sexuell übertragbaren Krankheiten anonym in Anspruch genommen werden können. Soweit Daten für Abrechnungszwecke erhoben werden, dürfen sie auch nur für diese Zwecke verwendet werden.
Zu § 19 Absatz 2
Absatz 2 regelt entsprechend § 22 GeschlKrG die Kosten der Untersuchung und Behandlung.
Die dort in Nr. 1 genannten §§ 182-184 RVO wurden mittlerweile aufgehoben; die entsprechenden Regelungen sind nunmehr im Sozialgesetzbuch enthalten. Der Text wurde daher redaktionell angepasst.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Hennrich