Frage an Michael Grosse-Brömer von Maria K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
Es kann nicht bestritten werden, dass Deutschland Rüstungsexportnation Nr. 3 weltweit ist. Warum nehmen Sie das nicht zur Kenntnis? Wenn Sie mir das nicht glauben, so können Sie das gerne nachgoogeln.
Ihre Wählerinnen und Wähler im Wahlkreis wird es schon interessieren, warum Deutschland eine Spitzenposition bei Rüstungsexporten einnehmen muss?
Die Bundeswehr verfügt laut Verteidigungsministerium über Streubomben. Diese will Deutschland nun ächten. Heißt das, dass diese nun abgeschafft/ verschrottet werden?
Der Vertrag von Lissabon ist nach Einschätzung vieler Experten zu militäristisch. Warum findet man nicht einen Weg, der Abrüstung in der EU bedeuten würde?
Wie hoch schätzen Sie die Militärlobby in Deutschland und speziell im Verteidigungsministerium ein? www.lobbycontrol.de schätzt das sehr hoch ein.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Kopp
Sehr geehrte Frau Kopp,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Rüstungspolitik in Deutschland.
Mir erschließt sich nicht ganz, woran die Größe Deutschlands als Rüstungsexportnation gemessen wird. Geht es um verkaufte Mengen oder Umsatzzahlen? Die Umsatzzahlen liegen für Deutschland sicherlich relativ hoch, was aber auch daran liegt, dass wir Spitzentechnologie verkaufen, die teuer ist. Zudem bitte ich Sie, bevor Sie sich eine Meinung bilden, zu berücksichtigen, dass genau zwischen Kriegswaffen und "sonstigen Rüstungsgütern" unterschieden werden muss. Kriegswaffen unterliegen einer strengen Kontrolle und bedürfen einer Exportgenehmigung. Sie werden in der Regel nur an NATO-Partner geliefert, keinesfalls jedoch an unsichere Staaten. "Sonstige Rüstungsgüter" beinhalten hingegen auch handelsübliche LKW, Fernmeldetechnologie etc., über deren Export man sicherlich streiten kann, durch den aber kein Mensch ums Leben kommt.
An wen die Bundesrepublik im Einzelnen was geliefert hat und wie die Kontrollmechanismen im Einzelnen funktionieren können Sie dem öffentlichen Rüstungsexportbericht der Bundesregierung entnehmen. Ich verweise daher auf http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Weltwirtschaft/Downloads/Ruestungsexportbericht2006.pdf
Bereits am 29.Mai, einen Tag nach der Streubomben-Konferenz in Dublin, hat die Bundesrepublik Deutschland erklärt, ab sofort auf die in Dublin geächtete Munition zu verzichten. Die in Deutschland vorhandenen Bestände werden daher nach Angabe des Bundesverteidigungsministeriums schnellstmöglich vernichtet.
Wenn "Experten" dem Vertrag von Lissabon vorwerfen, er sei zu militärisch, dann betrifft die vor allem die Partei "Die Linke", die allerdings aus meiner Sicht keine Experten in ihren Reihen hat. Richtig ist vielmehr, dass die friedliche Absicht des EUV bereits Artikel 3 Absatz 5 deutlich macht: /"In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen und trägt zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger bei. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel, zur Beseitigung der Armut und zum Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen."
Die von Ihnen angesprochene Militarisierung leiten die sogenannten "Experten" im Wesentlichen aus Artikel 28a (3) II ab, in dem es heißt, die "Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern". Dieses meint jedoch nicht Aufrüstung, sondern Abstimmung von Führungsprozessen. Selbst Hans-Christian Ströbele (B´90/Grüne), der gewiss nicht in dem Verdacht steht, konservativ zu sein, erklärte hierzu: "Eine "Aufrüstungsverpflichtung" wurde bisher nie daraus hergeleitet und sollte auch in Zukunft daraus nicht entnommen werden."
Meines Erachtens nach ist es eine wichtige Errungenschaft in der Entwicklung der EU, dass diese heute in der Lage ist, sich an übernationalen Friedenseinsätzen zu beteiligen. Humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie robuste Mandate bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen zu übernehmen entsprechen nicht nur dem Gebot humanitärer Hilfe, sondern sind auch ein wichtiger Beitrag zur Herstellung von Frieden und Stabilität auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen. Eine komplette Abrüstung der EU ist meiner Ansicht nach politisch unverantwortlich. Das würde bedeuten, dass die EU auch zur Sicherung von Menschenrechten zur Not keine militärischen Mittel einsetzen könnte.
Zur Größe der Militärlobby in Deutschland kann ich Ihnen keine Auskunft geben, da dies eine nicht quantifizierbare Größe ist. Mir erschließt sich auch nicht, wen Sie als Militärlobby bezeichnen. Sicherlich gibt es viele Menschen in Deutschland, die militärisch interessiert sind, besonders natürlich im Bundesverteidigungsministerium. Leider gibt mir hierauf nicht einmal die von Ihnen erwähnte Internetseite http://www.lobbycontrol.de eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
M. Grosse-Brömer, MdB