Frage an Michael Grosse-Brömer von Manfred H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
im Zusammenhang mit den Äußerungen von Herrn Kauder zum Abstimmungsverhalten von Mitgliedern Ihrer Fraktion fand ich Ihre Äußerungen auf der Website Ihrer Fraktion mit der Forderung, dass die Ausschussmitglieder in den Beratungen die Mehrheitsmeinung der Fraktion zu vertreten hätten, da die Abgeordneten in erster Linie dorthin nicht als Abgeordnete, sondern als Fraktionsmitglieder geschickt würden.
Nach meiner Auffassung sind die Bundestagsausschüsse Gremien des Bundestages und der Bundestag besteht aus gewählten Angeordneten. Der Zusammenschluß von Abge- ordneten zu Fraktionen hebt nicht die Pflichten der Abgeordneten nach Artikel 38(1) des Grundgesetzes und nach Artikel 13(1) der Geschäftsordnung des Bundes- tages auf. Außerdem erfolgt doch die Wahl der Ausschussmitglieder durch das Plenum und nicht durch die Nominierung seitens der Fraktion. Es gibt nach meiner Kenntnis keine gesetzliche Grundlage, nach der Fraktionen für Entscheidungsfindungen des Bundestages - Plenum und Ausschüsse - stimmberechtigt sind. Die Ausschüsse sind die Fachgremien. Sie bereiten die Beschlussempfehlungen für das Plenum vor. Häufig folgt das Plenum diesen Empfehlungen ohne Beratung. (Beispiel Beschlussempfehlungen Petitionsausschuss)
Nach Ihrer Auffassung würde somit stets die stärkste Fraktion und in momentaner Situation mit der Abstimmungsklausel im Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD die Koali- tion die Mehrheit geschlossen sichern, da anderslautendes Stimmverhalten ausge- schlossen würde. Das hat aus meiner Sicht nichts mit Demokratie zu tun!
Ich bitte Sie, die demokratische Legitimation Ihrer Auffassung darzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hartung
Sehr geehrter Herr Hartung,
zunächst einmal muss ich richtigstellen, dass die Mitglieder der Ausschüsse nicht durch das Plenum gewählt, sondern ernannt werden. Wie sie richtig feststellen, schließen sich die Abgeordneten freiwillig zu Fraktionen zusammen – und in diesem Zusammenhang akzeptieren sie dann auch die jeweils geltende Geschäftsordnung.
Parlamentarische Meinungen fallen nach dem Mehrheitsprinzip. Aus diesem Grunde werden die jeweiligen Themen VOR der Abstimmung in den Fachausschüssen in der Fraktion diskutiert. Selbstverständlich hat hier jeder Abgeordnete die Möglichkeit, seinen persönlichen Standpunkt zu erörtern und die Mitglieder der Fraktion von seiner ggf. abweichenden Meinung zu überzeugen. Am Ende stimmt die Fraktion dann über ein Thema ab und erwartet auch zu Recht, dass die Vertreter in den Ausschüssen die demokratisch festgelegte Meinung der Fraktionsmehrheit im Ausschuss vertritt.
Wie selbst die Süddeutsche Zeitung jüngst feststellte, unterscheidet sich der Status eines Abgeordneten im Ausschuss von dem im Plenum des Bundestages. „Der Haushaltsauschuss zum Beispiel hat 41 Mitglieder, die Stimme eines Abgeordneten ist mithin rechnerisch 15 Mal so viel Wert wie im Plenum“, so die Süddeutsche in Ihrer Ausgabe vom 11.08.2015.
Das derzeit diskutierte Vorgehen hat also sehr wohl mit Demokratie zu tun. Es kann nicht nur um Abweichler gehen sondern gerade in einer Demokratie auch um die Rechte und Ansprüche der Mehrheit.
Mit freundlichen Gruß
M. Grosse-Brömer