Frage an Michael Grosse-Brömer von Jürgen S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Grosse-Brömer,
mein Thema ist der Kulturgutschutzgesetzentwurf von Frau Prof. Monika Grütters.
Es geht hier nicht nur um die ganz große Kunst, sondern auch um die Sorgen vom Bierkrug- bis zum Münzensammler und des Handels, insbesondere aber auch um die Bewahrung rechtsstaatlicher Grundsätze, auch um Bürger- und Freiheitsrechte (Rückwirkungsverbot, Beweistlastumkehr, Eigentumspostulat Artikel 14 GG, Europäische Menschenrechtskonvention einhergehend mit diesbezüglicher Rechtsprechung).
Mittlerweile wurde ein umfangreiches Rechtsgutachten mit Datum vom 30.Juli.2015 von Herrn RA Joachim Walser von der Kanzlei Walser in München zum Kulturgutschutzgesetzsentwurf veröffentlicht, zu dem ich verlinke, zumal ich die Problemematik als Nichtjurist niemals so gut veranschaulichen könnte.
http://muenzenwoche.de/de/News/4?&id=3566
Weil der Petitionstext von Frau Dr. Ursula Kampmann die Probleme und Sorgen der Sammler und des Handels nach meiner Meinung auch sehr gut veranschaulicht, eine allgemeinere Übersicht als ein Rechtgutachten liefert, möchte ich auch zu diesem verlinken.
https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-den-erhalt-des-privaten-sammelns
Hinsichtlich der Bürokratiepoblematik liefert uns möglicherweise aktuell das Land Italien schon einen kleinen Vorgeschmack: Mir ist ein Fall bekannt , wo ein deutscher Sammler für eine dort ersteigerte Münze ca. ein Jahr auf die Ausfuhrgenehmigung warten mußte.
Wie ist Ihre Einschätzung? Sind Bürger- und Freiheitsrechte möglicherweise bedroht, werden hier elementare Grundsätze unserer Rechtsordnung mißachtet? Drohen uns möglicherweise auch Bürokratieprobleme? Sind die Sorgen der Sammler und des Handels berechtigt?
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Schmidt
12679 Berlin Marzahn
Sammler und Kleinsthänder (ebay-Name stampsdealer)
Sehr geehrte Herr Schmidt,
gern antworte ich Ihnen auf Ihre Anfrage vom 01.08.2015.
Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Kulturgutschutzes befindet sich derzeit in der internen Ressortabstimmung der Bundesregierung und wird voraussichtlich im August im Bundeskabinett beraten. Der Entwurf wird zeitnah auch den Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Fachkreisen und Verbänden zugeleitet, um ihnen zusätzlich zur bisherigen schriftlichen und mündlichen Anhörung, die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.
Da dieser Gesetzentwurf bisher, wie in diesem Stadium üblich, noch nicht veröffentlicht wurde, ist es für die Erstellung von externen Rechtsgutachten noch zu früh.
Der Entwurf des Kulturgutschutzgesetzes soll neues EU-Recht umsetzen und - wie im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vorgesehen - den Schutz von nationalem Kulturgut vor Abwanderung ins Ausland stärken sowie den Schutz ausländischen Kulturgutes vor illegalem Handel durch effektivere Rückgabemechanismen verbessern. Auch die Bundesländer fordern seit Jahren eine Verbesserung des Kulturgutschutzes.
Die teilweise in den Medien geäußerte Kritik basiert weitestgehend auf Fehlinterpretationen, Missverständnissen oder Unkenntnis und erschwert eine sachliche Debatte über die Novellierung des Kulturgutschutzes.
So ist die Aussage falsch, dass "Leihgaben" von privaten Sammlern an öffentliche Museen automatisch "nationales Kulturgut" seien. Nur Kulturgut, das dauerhaft in "den Bestand einer solchen Einrichtung eingegliedert" wurde, ist, so der Gesetzesentwurf, kraft Gesetz als nationales Kulturgut zukünftig geschützt. Bei einem Leihvertrag ist dies natürlich nicht der Fall, da solche Werke nicht "in den Bestand eingegliedert" sind.
Den Ländern wird durch den Gesetzentwurf mehr Flexibilität im Verfahren zur Eintragung von Kulturgut als "nationales Kulturgut" eingeräumt. Sachverständigenausschüsse werden deswegen aber nicht abgeschafft. Eine Begründung durch das Landesministerium, warum ein Kulturgut als "nationales Kulturgut" eingestuft wird und warum "ein Verbleib im Bundesgebiet im öffentlichen Interesse liegt", wird sich auch in Zukunft auf Expertenmeinung und Gutachten stützen. Das ist seit 1955 geltendes Recht und selbstverständliche Praxis. Der Schutz von Kulturgut vor Abwanderung ist ausdrücklich im Grundgesetz vorgesehen (Art. 73 Abs.1 Nr. 5a GG).
Im Gesetzentwurf ist ausdrücklich geregelt, dass die Länder "sicherstellen, dass auch die berechtigten Interessen des Handels und der privaten Sammlerinnen und Sammler bei der Durchführung des Eintragungsverfahrens berücksichtigt werden." Das ist bisher geltendes Recht und wird auch in Zukunft so sein. Selbstverständlich kann man sich auch in Zukunft gegen eine Eintragung gerichtlich wehren. Das wird in richterlicher Unabhängigkeit geprüft und entschieden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Eintragung von Kulturgut grundsätzlich bereits als verfassungsgemäß bestätigt.
Auch unter den deutlich schärferen Bedingungen des italienischen Kulturgutschutzrechts, die über den deutschen Gesetzesentwurf deutlich hinausgehen, werden laut Statistik der EU-Kommission dort pro Jahr rund 9.000 Ausfuhrgenehmigungen beantragt und erteilt. In Deutschland sind es pro Jahr rund 1.200 Genehmigungen, kein Antrag wurde in den letzten Berichtsjahren abgelehnt.
Den Kulturgutschutz zu stärken und gegen den illegalen Handel mit Kulturgut vorzugehen, ist ausdrückliches Anliegen der Bundesregierung. Sachliche Kritik an diesem von Staatsministerin Grütters von Anbeginn ihrer Amtszeit eng begleiteten Gesetzesvorhaben ist der Beauftragten für Kultur und Medien jederzeit willkommen.
Mit freundlichen Grüßen
M. Grosse-Brömer, MdB