Frage an Michael Grosse-Brömer von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,,
Herr Dzillak weist auf ein enormes Ungleichgewicht bei der Vermögensverteilung. Sie antworten:
"Gerechtigkeit wird subjektiv sehr unterschiedlich bewertet. Ich finde Chancengerechtigkeit als Zielsetzung richtig; nicht Verteilungsgerechtigkeit.
Im Bundeshaushalt 2015 ist für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Etat von 125.545.918.000€ eingestellt, dieses entspricht knapp 42% des Gesamtetat. So schlecht ist das nicht – 1980 waren dafür nur 16% des Bundeshaushaltes vorgesehen.
Gemessen an der Höhe der Einkünfte zahlen die oberen 10 Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen im Jahr über 50% des gesamten Lohn- und Einkommensteueraufkommen. Bei den untersten 50 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen lag der entsprechende Anteil bei lediglich 5,4 Prozent. Ungerecht ist das aus meiner Sicht nicht!"
http://www.abgeordnetenwatch.de/michael_grosse_broemer-778-78141--f430985.html#q430985
Ich finde, dass Sie dem Problem von Ungerechtigkeit aus dem Wege zu gehen versuchen. Was besagt die von Ihnen angeführte Steigerung des Etat des Bundesministerium für Arbeit und Soziales? Bei wem kommt dieses Geld an und bei wem nicht?
Der Spiegel meldet:
"Deutschland war noch nie so gespalten wie heute, heißt es im aktuellen Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands. Die Kluft zwischen reichen und armen Bundesländern öffnet sich: "Ganze Regionen befinden sich in einer Abwärtsspirale".(...) Die Armut ist demnach auf einem Rekordhoch, das Land sozial und regional tief zerrissen."
Wie werten Sie den Gegensatz zwischen Ihrer Darstellung und der des Spiegels?
Die Nationale Armutskonferenz fordert eine bedarfsgerechte Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze, Beschäftigungsangebote für Langzeitarbeitslose und die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus.
Was halten Sie von diesen Vorschlägen?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
in Ihrer Mail unterstellen Sie mir, dass ich mit meiner Antwort versuche, dem Thema Ungerechtigkeit aus dem Wege zu gehen – das Gegenteil ist der Fall! Abgesehen davon, dass jeder unter Gerechtigkeit wohl etwas anderes versteht, je nach persönlicher Perspektive.
Als Unterstützer der Chancengerechtigkeit finde ich es nur fair, dass diejenigen vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren, die ihn ermöglicht haben. Sogenannte Verteilungsgerechtigkeit lehne ich weiterhin ab – und darum geht es im Armutsbericht!
Als arm gilt per Definition, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens zur Verfügung hat. Wenn also die Löhne durch positive Rahmenbedingungen steigen, erhöht sich die Zahl der von Armut betroffenen Personen automatisch – auch wenn deren monatliche Einkünfte unverändert bleiben.
Nach dieser Definition hat Tschechien übrigens weitaus weniger Armut als Deutschland, obwohl – oder gerade weil – dort das durchschnittliche Wohlstandsniveau deutlich unter dem deutschen liegt. Eine seltsame Grundlage einer Armutsdebatte in Deutschland, oder? Der SPIEGEL liegt da schlicht falsch, wenn er dem Armutsbericht so unkritisch folgt. FAZ und Die WELT haben das glücklicherweise nicht getan.
Die empfohlene Anhebung des Hartz IV-Regelsatzes und öffentlich geförderte Beschäftigung würden pro Jahr 10,5 Milliarden Euro kosten. Sinnvoller ist es aus meiner Sicht, Arbeitslose bei der Wiederaufnahme einer Beschäftigungstätigkeit zu unterstützen.
Den Armen zu helfen ist Bestandteil unseres Sozialstaats und im Grundgesetz verankert. Das ist gut und richtig. Die Umdeutung von Einkommensunterschieden in Armut lehne ich jedoch ab.
Mit freundlichen Gruß
M. Grosse-Brömer