Frage an Michael Grosse-Brömer von Jens I. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
DIE WELT berichtet: "Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) sieht einem Zeitungsbericht zufolge ein Mitspracherecht der USA bei der Ausarbeitung von EU-Gesetzen vor." - Wie stehen Sie zu einem Abkommen, das scheinbar die Souveränität der EU und damit aller EU-Bürger aufgeben will zu Gunsten angeblicher Vorteile für die Wirtschaft? Meinen Sie, daß Bundestag und EU-Parlament die Legitimation haben, grundlegende Rechte der EU Bevölkerung aufzugeben? Wäre nicht eine Volksabstimmung über TTIP die einzig zulässige Legitimation?
Danke im Voraus für Ihre offene Rückmeldung!
Sehr geehrter Herr Ihlenfeld,
weder die EU-Kommission noch ihre Mitgliedstaaten wollen die Souveränität der Parlamente durch das Abkommen beschneiden. Der demokratische Gesetzgebungsprozess wird durch Handelsabkommen und auch durch TTIP nicht eingeschränkt.
Der angedachte Regulierungsrat ("regulatory cooperation body") soll lediglich ermöglichen, dass sich Experten auf beiden Seiten des Atlantiks in einer festen Struktur über den besten Regulierungsansatz austauschen. Das Gremium dient der technischen Annäherung, um Produkte und Dienstleistungen besser vermarkten zu können. Es berührt keine bestehenden Gesetze zu Steuern, Arbeit oder Umwelt und zielt auch nicht auf eine Absenkung von hohen Standards. Ziel ist es dagegen, eine effektivere Form der Zusammenarbeit zu finden, die unnötige regulatorische Handelshindernisse im Vorfeld identifiziert.
Selbstverständlich kann der Regulierungsrat weder im Alleingang Regeln setzen noch das normale Gesetzgebungsverfahren aushebeln. Auf europäischem Boden wird weiter europäisches Recht gelten, auf amerikanischem Boden amerikanisches Recht.
Aufgrund der absehbaren Vorteile des TTIP für die EU und insbesondere für Deutschland, spreche ich mich grundsätzlich für ein solches Abkommen aus. Die in der Vergangenheit vereinbarten Freihandelsabkommen mit anderen Staaten haben gezeigt, dass diese Vereinbarungen für beide Seiten Vorteile bringen können.
Im Juni 2014 habe ich mich mit dem US-Handelsbeauftragten Michael Froman in Washington D.C. getroffen. Michael Froman ist der TTIP-Verhandlungsführer für die USA, dadurch bin ich aus erster Hand informiert worden.
Die wahlberechtigte Bevölkerung hat den Bundestag bzw. die Bundesregierung durch direkte oder indirekte Wahl demokratisch legitimiert, die Staatsgewalt auszuüben. Dazu gehört auch der Abschluss von Verträgen.
Die CDU befürwortet auf der kommunalen und Landesebene Volksentscheide als Ergänzung zur parlamentarisch-repräsentativen Demokratie. Auf Bundesebene lehnt sie diese jedoch mit Blick auf die Komplexität der Themen bei gleichzeitiger Beschränkung auf Ja-Nein-Alternativen ab.
Mit freundlichen Gruß
M. Grosse-Brömer