Frage an Michael Grosse-Brömer von Martin R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
soeben nehme ich über den Online-Dienst der Süddeutschen Zeitung zur Kenntnis, dass neben SPD- und FDP-Fraktion auch Ihre Fraktion beabsichtig, einen Gesetzesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen, der den Bundestagspräsidenten verpflichten soll, Redner lediglich in Abstimmung mit den Fraktionen zuzulassen und damit das Rederecht derjenigen, die von der Fraktionsmeinung abweichende Überzeugungen vertreten, erheblich einschränkt.
Erlauben Sie mir dazu folgende Fragen:
1. Wie stehen Sie zu dieser Initiative?
2. Würden Sie persönlich akzeptieren, wenn Ihr Rederecht in einem Fall derartig eingeschränkt würde, in dem Ihre Meinung zwar nicht Fraktionsmeinung wäre, aber dennoch von Ihren Wählerinnen und Wählern des Wahlkreises vertreten würde?
3. Halten Sie eine solche Gesetzesinitiative unter demokratischen Grundsätzen überhaupt für vertretbar?
4. Stimmen Sie mir zu, dass ein derartiger Vorgang einen wesentlichen Beitrag zur festzustellenden „Politikerverdrossenheit“ insbesondere junger Menschen leistet und basisdemokratische Strömungen (z.B. Piratenpartei) fördert?
Über eine gelegentliche Stellungnahme zu diesen Fragen würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Rumpff
Salzhausen, Landkreis Harburg
Sehr geehrter Herr Rumpff,
eine Einschränkung des Rederechts mit dem Ziel, andersdenkende Meinungen nicht mehr abzubilden, akzeptiere ich nicht. Ich halte eine solche Einschränkung auch nicht für verfassungskonform.
Allerdings geht es, wenn man einen genaueren Blick auf das Thema wirft, nicht um eine Einschränkung, sondern eher um eine erneute Organisation des Rederechts. Denn auch das bisherige Rederecht unterliegt Regelungen und Einschränkungen. Auch jetzt schon wird von den Fraktionen festgelegt, welche Abgeordneten zu welchen Themen wie lange im Parlament sprechen dürfen.
Ein parlamentarischer Ablauf wäre unmöglich, wenn jeder Abgeordnete zu jedem Thema sprechen würde. Daraus hat sich in der Praxis ergeben, dass die Sprecher der Fraktionen für das jeweilige Themengebiet sowie die im Ausschuss mit dem Thema speziell befassten Kolleginnen und Kollegen zu „ihrem“ Thema reden. Wenn über diesen Personenkreis hinaus ein Abgeordneter den Wunsch hat, zu einem Thema zu sprechen, kann er sich melden und dann vom Bundestagspräsidenten jederzeit zugelassen werden.
Mit dieser bisherigen Organisation des Rederechts bin ich als Parlamentarier grundsätzlich zufrieden. Wenn sich allerdings in fraktionsübergreifenden Gesprächen Verbesserungen ergeben, bin ich demgegenüber aufgeschlossen.
Mit freundlichem Gruß
Michael Grosse-Brömer, MdB