Frage an Michael Grosse-Brömer von Dieter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
nach dem Rücktritt des Bundespräsidenten hatte ich gehofft, dass die politische Parteien einmal Verantwortungsbewustsein für Deutschland zeigen würden und einen Kandidaten vorstellen würden, der parteiübergreifend akzeptiert werden könnte. Leider habe ich mich, was die Regierungsparteien betrifft, geirrt. Erneut werden Parteiinteressen über Interessen des Landes gestellt. Herr Wulf mag ein guter Politiker sein. Ich habe ihn, mangels Alternative für mich, auch gewählt, ebenso wie Frau Merkel. In der jetzigen Situation, in der das Ansehen der Politiker, völlig zu Recht, auf einem absoluten Tiefpunkt ist, wäre es wichtig gewesen, wenigstens als Präsidenten eine Person zu haben, die integer und vertrauenswürdig ist. Herr Wulf ist Politiker und erfüllt damit diese Voraussetzungen nicht. Mit Herrn Gauck hat die SPD einen Kandidaten vorgeschlagen, der für alle Bundesbürger, zum Glück mit Ausnahme der Linkenwähler, eine gute Wahl wäre. Leider ist zu befürchten, dass es bei der "Wahl" des Bundespräsidenten wieder nicht um das Wohl der Bundesrepublik sonder um reine Machtpolitik geht. Man wendet sich mit Grausen. Ich wähle schon lange nicht mehr aus Überzeugung, sondern nur noch das vermeintlich kleinere Übel. Frau Merkel ist allerdings auf dem besten Weg, mich in die Partei der Nichtwähler übertreten zu lassen. Wie soll man Politikern sonst zeigen, was man von ihnen hält. Als bisheriger CDU Wähler würde ich mich freuen, wenn der Kandidat der Regierungsparteien scheitert und Herr Gauck Präsident würde. Ich bitte Sie daher, allerdings mit wenig Hoffnung, Herrn Gauck zu wählen. Oder ist der angeblich nicht existierende Fraktionszwang stärker?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Scheer,
ich halte sowohl Herrn Wulff als auch Herrn Gauck für hochgeachtete, integere Persönlichkeiten, die beide das Amt des Bundespräsidenten würdig ausfüllen würden. Ihre pauschale Kritik, dass Herr Wulff als Politiker per se nicht vertrauenswürdig und integer sei, kann ich beim besten Willen weder verstehen noch akzeptieren. Im Gegenteil.
Wenn Sie Christian Wulff bei der Landtagswahl (wieder)gewählt haben, dann haben Sie sich als verantwortungsbewusster Bürger sicherlich auch mit seiner politischen Bilanz der ersten Regierungslegislatur beschäftigt. Und diese zeigt, dass er zum Wohle Niedersachsen sehr gute Arbeit geleistet hat. Warum es also mangelndes Verantwortungsbewusstsein für Deutschland ist, ihn als Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten zu nominieren, erschließt sich mir nicht. Zumal zu diesem Zeitpunkt eine Nominierung von Herrn Gauck noch nicht feststand. Folglich wäre es auch verantwortungsbewusst von SPD und Grünen gewesen, Christian Wulff zu unterstützen… Deren Kritik, durch entsprechende Medienberichte unterlegt, man müsse einen politisch unabhängigen Kandidaten wählen, halte ich für reine Heuchelei. Die SPD hat stets Parteimitglieder als Kandidaten benannt, wenn sie eine Mehrheit in der Bundesversammlung hatte. Zuletzt Johannes Rau, den ehemaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen.
Die aktuelle Situation zeigt, dass ein Bundespräsident mit politischer Erfahrung, d.h. auch im Umgang mit Kritik, durchaus von Vorteil ist. Ich persönlich, der ich Christian Wulff seit vielen Jahren sehr gut kenne, weiß, dass er ein hervorragender Bundespräsident sein wird. Daher unterstütze ich ihn aus Überzeugung und nicht aufgrund eines Fraktionszwangs (der bei einer geheimen Wahl auch praktisch nicht existieren kann).
Eine junge Familie im Schloß Bellevue ist übrigens aus meiner Sicht auch lange überfällig. Warum muss ein Bundespräsident immer im Großvateralter sein?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Grosse-Brömer, MdB