Frage an Michael Grosse-Brömer von Karl - Heinz L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Grosse-Brömer,
die Politik fordert verstärkt zur privaten Altersvorsorge auf. Ich habe daher seit längerem einen Fondssparplan und Einzelaktien sowie einen firmeneigenen Pensionsfonds. Seit 1. Januar 2009 gilt in Deutschland die Abgeltungsteuer, die folgende Fragen aufwirft:
Bisher waren Gewinne aus Fonds und Aktien nach 1 Jahr Haltedauer steuerfrei (Spekulationsfrist). Weshalb werden seit 1. Januar 2009 unabhängig von der Haltedauer der Papiere diese dauerhaft mit 25% Abgeltungsteuer + anteilig Solizuschlag und Kirchensteueranteil mit bis zu 28,65% besteuert ? Beabsichtigen Sie eine Abmilderung dieser Besteuerung in der nächsten Leigislaturperiode ? Quelle: Magazin Focus v. 10.Dezember 2007 S. 169 ff. http://www.focus.de/finanzen/steuern/abgeltungsteuer/geldanlage-sparer-werden-bestraft_aid_229791.html
Im europäischen Vergleich verschlechtert sich die Situation für Deutsche Anleger massiv. Belgien, Niederlande, Schweiz und Liechtenstein haben diesbezüglich keinerlei Beschrändkungen. In Luxembourg und Österreich sind Veräußerungsgewinne nach 6 bzw. 12 Monaten steuerfrei, siehe Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Spekulationsfrist
Bei Edelmetallen (z.B. Gold) wurde die einjährige Spekulationsfrist beibehalten. Bei Immobilien (Vermietung) wurde die 10 - jährige Haltedauer aufrecht erhalten. Weshalb diese Ungleichbehandlung gegenüber Fonds und Aktien als zusätzliche Altersvorsorge ? http://de.wikipedia.org/wiki/Abgeltungsteuer
Der Focus rechnete in der o.a. Ausgabe vor, dass bei 30 - jähriger Ansparfrist mit monatlichen 100,- Euro 141.830,58 Euro angespart werden und durch die Abgeltungsteuer nach Abzug von 43.877,49 Euro für den Leistungsempfänger 97.953,09 Euro verbleiben.
Soll so die private Vorsorge gefördert werden ?
Mit freundlichem Gruß
Karl - Heinz Lehmann
Sehr geehrter Herr Lehmann,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Abgeltungssteuer.
Um den deutschen Markt für Kapitalanlagen attraktiver zu gestalten und um eine Abwanderung des Kapitals ins Ausland zu verhindern, wurde zum 01. Januar 2009 die Abgeltungssteuer eingeführt. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten gab es bis dahin in Deutschland keine Abgeltungssteuer, sodass auf Kapitalmarktprodukte der volle Steuersatz (bis zu 50%) gezahlt werden musste. Das hatte zur Folge, dass viele Anleger ihr Geld auf dem ausländischen statt auf dem deutschen Finanzmarkt investiert haben.
Mit der Einführung der Abgeltungssteuer ist die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Finanzplätze verbessert wurden. In Zeiten des freien Kapitalverkehrs und des technischen Fortschritts, welcher einen sekundenschnellen Kapitaltransfer rund um den Globus ermöglicht, werden die steuerlichen Rahmenbedingungen bei der Wahl des Kapitalstandortes oftmals zur entscheidenden Größe. Das Kapital geht zum „besten Wirt“. Die Anonymität der Anleger und ein niedriger Steuersatz für Kapitalerträge sind somit wichtige Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg eines Finanzplatzes. Dies haben auch viele europäische Staaten erkannt und bereits definitive Abgeltungssteuern auf niedrigem Niveau eingeführt. Mit der Einführung einer anonymen Abgeltungssteuer hat sich Deutschland an diese internationale Entwicklung angeschlossen.
Zudem war das alte System der Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen außerordentlich bürokratisch und nicht immer gerecht. Inzwischen müssen die Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich nicht mehr in der Steuererklärung angegeben werden, da die Bank die Abgeltungssteuer für den Kunden abführt. Das heißt die komplizierte Anlage „Kap“ zur Steuererklärung muss dann nicht mehr wie bisher ausgefüllt werden, wenn Kapitalerträge nach der Abgeltungssteuer besteuert werden.
Steuerpflichtige, deren persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent liegt, können ihre Erträge aber weiterhin im Rahmen der Veranlagung erklären, so dass statt des Abgeltungssteuersatzes der niedrigere persönliche Steuersatz zur Anwendung kommt (Veranlagungswahlrecht). Das sog. Kontenabrufverfahren wurde grundsätzlich überflüssig und ist nun nur in den enumerativ im Gesetz genannten Fällen zulässig.
Mit der Abgeltungssteuer ist meines Erachtens die Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen transparenter und einfacher geworden und führt insgesamt zu einer steuerlichen Entlastung von 870 Mio. €.
Ein Ziel der Union für die nächste Legislaturperiode ist die flexiblere Gestaltung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge. Deshalb soll die Förderung der privaten Altersvorsorge entbürokratisiert und vereinfacht werden. Ob es auch Veränderungen bei der Abgeltungssteuer Änderungen gibt, wird bei den Verhandlungen zu prüfen sein.
Sie haben in Ihrer Frage die Ungleichbehandlung von Edelmetalle und Immobilien gegenüber Fonds und Aktien angesprochen. Diese beiden Formen der Geldanlage sind miteinander nicht vergleichbar, da Immobilien eine nicht bewegliche Anlageform darstellen, die nicht auf den ausländischen Kapitalmarkt verlagert werden kann. Bei den Finanzmarktprodukten hingegen gibt es im Gegensatz dazu eine Fülle von Angeboten mit jeweils unterschiedlichen Besteuerungsregelungen.
Mit freundlichen Grüßen
M. Grosse-Brömer, MdB