Frage an Michael Gerdes von Andreas B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Gerdes,
Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG garantiert das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Das Existenzminimum umfasst die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 135).
Der gesetzliche Leistungsanspruch muss stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers decken (BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 137).
Bereits die erste in § 31a Abs. 1 S. 1 SGB II festgelegte Sanktionsstufe, bei der durch die Verwaltung kein Ausgleich vorgenommen werden kann, beträgt 30 %. Erst bei einer Unterschreitung von mehr als 30% kann der Sanktionierte auf Antrag Sachleistungen erhalten. Die Entscheidung über die Gewährung bzw. Nichtgewährung liegt dann noch im Ermessen der Verwaltung. Der Wert von Sachleistungen beträgt bei einer 100% Sanktion z. Z. maximal 196 Euro (BA-Hinweise zu § 31 ff). Dies entspricht nur 50 % des Regelbedarfs nach § 20 SGB II. Mit Sachleistungen können keine Strom- und Telefonkosten bezahlt werden. Hier häufen sich dann Schulden an. Ebenfalls können mit Sachleistungen keine Medikamente bezahlt werden.
Sanktionen nach dem SGB II führen dazu, dass das vom Gesetzgeber festgelegte Existenzminimum für den Zeitraum der Sanktion unterschritten wird. Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss (BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 120) und zu jeder Zeit die Erfüllung des aktuellen Bedarfs sicherzustellen ist (BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 140).
Wie können Sie immer noch eine Vereinbarkeit für Sanktionen finden?