Frage an Michael Brand von Juergen V. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Brand,
der China-Besuch von Kanzlerin Merkel steht diese Woche im Focus der Regierung und der Medien. Nicht aber die Menschenrechtsverletzungen seitens China sondern der Ausbau von wirtschaftlichen Beziehungen steht im Vordergrund.
Zum Beispiel in Hongkong , wo seit mehreren Wochen Aktivisten für ihre demokratischen Rechte einstehen. Diese haben sogar Frau Merkel vor Ihrem Besuch um Hilfe gebeten. Doch bisher wurden durch das Kanzleramt alle Fragen hierzu umgangen oder abgeblockt. Da wären zudem die Uiguren-Lager, die von China als "Umerziehungslager" bezeichnet werden. Und nicht zuletzt der Umgang mit Tibet und dem Dalai-Lama. Warum stehen diese Themen nicht im Vordergrund der Gespräche der beiden Regierungen?
Wie stehen sie zu dieser Haltung von Frau Merkel?
Sollten diese Treffen nicht auch zu einer Verbesserung der Menschenrechte dienen? Der Mensch im Mittelpunkt? Oder zählen nur die abgeschlossenen Aufträge unterm Strich?
Für die Beantwortung bedanke ich mich im Voraus
Mit freundlichen Grüßen
J.V.
Lieber Herr V.,
besten Dank für das Interesse an einem zentralen Thema. Ich stimme zu, das Thema Menschenrechte braucht auch hier deutlich mehr Aufmerksamkeit und Aktivität.
Man darf bei der heutigen chinesischen Führung null Illusionen haben. Das ist ein brutales, und zunehmend rücksichtsloses Regime, nach innen und zunehmend auch nach außen.
Wenn wir zulassen, dass China durch Drohungen oder durch nackte Gewalt das Demokratiemodell Hongkong, Taiwan und immer dreister ja auch durch Interventionen in Europa unter Druck setzt, werden wir auf Dauer unsere Freiheit in wirtschaftlicher Hinsicht, aber auch in punkto gesellschaftlicher Offenheit, nicht aufrechterhalten können.
Das Regime in Peking wird auch deshalb immer offensiver, weil es nicht mehr ernsthaft auf Gegenwehr trifft. Kaum jemand in Europa bringt mehr den Mut auf, die Übergriffe und die totalitäre Kontrolle zu kritisieren. Selbst die Internierung von über 1 Million Uiguren, die schon weit vorangetriebene Auslöschung der tibetischen Kultur, Religion sowie die Bedrohung von Christen werden nur zaghaft und leise thematisiert.
Zum aktuellen Staatsbesuch der Bundeskanzlerin in China meine Haltung, meine Erwartungen im heutigen rbb-Interview hier zum Nachhören (Dauer 6min.):
https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/201909/06/369289.html
Eine Bitte: Es wäre hilfreich, wenn Sie auch Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag mit dem Thema beschäftigten würden, die sich nicht sehr intensiv damit kümmern. Auch dafür danke ich.
Herzliche Grüße
Ihr Michael Brand