Frage an Metin Hakverdi von Sven A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hakverdi,
ich betreibe in Hausbruch ein kleines Freifunk-Netzwerk. Dieses ermöglicht diversen Menschen aus meiner Nachbarschaft kostenlos ein (im Moment langsames) Internet zu bekommen. Ich finde das ist etwas was die Gesellschaft weiter bringt (z.B. wenn es eine Störung gibt und der Nachbar über meine Leitung sürfen kann). Auch wohnen bei uns in der Gegend viele nur kurz in möblierten Wohnungen, da lohnt sich häufig kein DSL Anschluss. Wenn viele meiner Nachbarn bei Freifunk mitmachen würden, wäre das Netz noch viel schneller und störungssicherer.
Wenn ich in einem Hotel WLAN bekomme ist das oft wesentlich schlechter, als das was ich meinen Nachbarn zur Verfügung stelle. Ich muss z.B. häufig sehr lange Passwörter eingeben (sowohl auf dem Handy als auch auf dem Notebook) und es kostet Geld, und ist häufig noch langsamer.
Ich hatte mich gefreut, als es hieß die Koalition wolle die Störerhaftung neu Regeln, die Angst vor einer Abmahung behindert den WLAN Ausbau. Leider ist das was jetzt zur Abstimmung kommen soll, ein Freibrief für die Abmahnindustrie. Ich müsste dann meine Freifunkrouter einpacken.
Finde Sie das gut?
Sehr geehrter Herr Anders,
die Bundesregierung hat sich auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie auf einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG) verständigt. Nach diesem Entwurf haften WLAN-Anschlussinhaber dann nicht als Störer, wenn sie zumutbare Pflichten erfüllt haben, um Rechtsverletzungen zu verhindern. Private WLAN-Betreiber, ähnlich wie Sie es mit Ihrem kleinen Freifunk-Netzwerk sind, sind dann von der Haftung freigestellt, wenn Sie von Ihren Nutzern eine Einwilligung einholen, keine Rechtsverletzungen zu begehen und damit die gleichen Vorgaben erfüllen, wie Gastronomen und Cafés, Verkehrsbetriebe, Praxen, etc. Zusätzlich müssten Sie in Zukunft als privater Anbieter den Namen des jeweiligen Nutzers kennen, welchem Sie Zugang zum WLAN-Netzwerk ermöglichen.
Dieses können Sie beispielsweise gewährleisten, indem Sie eine Vorschaltseite nutzen, auf der die Nutzer bestätigen, keine Rechtsverletzung während des Zugriffes auf Ihr Internet zu begehen und sich darüber hinaus mit ihren Namen ausweisen. Nur wenn Sie beide Vorgaben erfüllen, können Sie Dritten haftungsfrei den Zugang zu Ihrem Internet ermöglichen.
Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Allerdings müssen wir die Balance zwischen der Rechtssicherheit für die Anbieter eines WLAN- Netzes und gleichzeitig einem niedrigschwelligen Zutritt zu diesen austarieren. Ich empfinde den Gesetzesentwurf grundsätzlich als eine positive Entwicklung, da dieser dem Ausbau von öffentlich zugänglichen Hotspots vorantreiben wird, wobei wir uns eine weiter gehende Regelung für offene WLANs hätten vorstellen können, so wird doch dieser Kompromiss der Bundesregierung im Ergebnis zu deutlich mehr öffentlichen WLAN-Angeboten und zu mehr Rechtssicherheit für alle Anbieter führen. Werden die Vorgaben des Gesetzesentwurfs befolgt und damit alle Sicherungen erfüllt, wird es auch schwieriger sein, Anbieter eines WLAN- Netzwerkes abzumahnen, sollten Dritte dennoch eine Rechtsverletzung begehen.
Abschließend stelle ich aber fest, dass öffentliche und private Anbieter unterschiedlich behandelt werden sollen und öffentliche Anbieter privilegiert sind. Ich werde mich bei den Verhandlungen im Parlament dafür einsetzen, dass diese Benachteiligung für Private aus diesem Entwurf noch einmal überdacht wird und gleiche Regeln auch für private Anbieter gelten. Wir werden sehen, was die parlamentarischen Beratungen ergeben.
Metin Hakverdi
Mitglied des Deutschen Bundestages
Direkt gewählt im Wahlkreis Hamburg - Bergedorf, Harburg, Wilhelmsburg