Frage an Melanie Huml von Stefan F. bezüglich Gesundheit
Liebe Frau Huml,
der Bundestag hat nun am 14. November 2019 das Masernschutzgesetz beschlossen. Werden Sie, liebe Frau Ministerin, als Mitglied im Bundesrat Einwände erheben und einen Vermittlungsausschuss anrufen? Oder soll letztlich das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit entscheiden?
"Masern-Impfpflicht: Das neue Gesetz ist ein bürokratisches Monster" (1)
"Kitas verunsichert wegen Masern-Impfpflicht" (2)
"Impfpflicht - Umstrittenes Gesetz" (3)
"Bremer Widerstand gegen das Masern-Gesetz" (4)
"Masern-Impfpflicht: Viele offene Fragen bei Weseler Kitas" (5)
Dies sind nur ein paar der Schlagzeilen, die momentan in der deutschen Presse zu lesen sind...
Wie sehen Sie dieses "bürokratische Monster"?
Und wie wollen Sie als Staatsministerin für Gesundheit die Nachweispflicht in Bayern regeln? Ist Ihnen die Anfrage über FragDenStaat zur "Umsetzung der Masern-Impfpflicht" (6) schon bekannt?
"Eine Impfpflicht ist nicht der richtige Weg!", so die CSU-Landtagsfraktion... (7)
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Fritz
(1) https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/masern-impfpflicht-das-neue-gesetz-zur-impf-pflicht-ist-ein-buerokratisches-monster-li.1901
(2) https://www.pfaelzischer-merkur.de/welt/landespolitik/kitas-verunsichert-wegen-masern-impfpflicht_aid-47425321
(3) https://www.sueddeutsche.de/kolumne/impfpflicht-umstrittenes-gesetz-1.4690515
(4) https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-bremer-widerstand-gegen-das-maserngesetz-_arid,1876975.html
(5) https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/masern-impfpflicht-viele-offene-fragen-bei-weseler-kitas-id227694185.html
(6) https://fragdenstaat.de/anfrage/umsetzung-der-masern-impfpflicht-1/
(7) https://www.csu-landtag.de/lokal_1_4_1505_Expertenanhoerung-zur-Masern-Impfpflicht-CSU-Fraktion-setzt-auf-Aufklaerung-statt-Zwang.html
Sehr geehrter Herr F.,
wir danken für Ihr Schreiben vom 26.11.2019 und möchten Ihnen hierzu Folgendes mitteilen:
Masern sind eine nicht selten schwer verlaufende Erkrankung, die leider oft als harmlose Kinderkrankheit unterschätzt wird. Masern verlaufen im Erwachsenenalter oftmals noch schwerer als im Kindesalter. Aber auch Säuglinge im ersten Lebensjahr haben ein erhöhtes Risiko, an schweren Komplikationen durch Masern zu erkranken. Besonders gefürchtet ist hier die erst Jahre später auftretende, tödlich verlaufende subakute sklerosierende Panenzephalitis, eine entzündliche Erkrankung des Gehirns. Da Säuglinge in den ersten Monaten noch nicht geimpft werden können, sind sie auf eine schützende Umgebung angewiesen.
Impfungen gehören nach einhelliger Meinung ausgewiesener nationaler und internationaler Experten zu den wirksamsten und sichersten präventiven Maßnahmen von schwerwiegenden Infektionskrankheiten. Impfungen konnten in den vergangenen Jahrzehnten weltweit sehr viele Krankheits- und Todesfälle verhindern. Denken Sie nur an die Vielzahl der von der Kinderlähmung (Poliomyelitis) betroffenen Menschen in Europa nach dem 2. Weltkrieg. Diese schlimme Erkrankung konnte durch die Einführung der Polio-Impfung in Europa gänzlich verhindert werden.
Für das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) hat der Impfschutz der bayerischen Bevölkerung eine hohe Priorität. Ziel der bayerischen Gesundheitspolitik ist es, die Bevölkerung wissenschaftlich fundiert und industrieunabhängig über Impfungen zu informieren und sie somit zu motivieren, die Möglichkeit eines Impfschutzes vor übertragbaren Infektionskrankheiten zu nutzen – auch in Hinblick auf eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung gegenüber ungeschützten Mitbürgerinnen und Mitbürgern.
Das StMGP fördert seit vielen Jahren mit vielfältigen Maßnahmen eine Steigerung der Impfquoten in Bayern. Als Beispiele seien die regelmäßigen Erstsemesterveranstaltungen zum Impfen, der Elternbrief zum KITA-Newsletter zum Kindergartenstart, Impfinformationsveranstaltungen für Hebammen und Heilpraktiker und die regelmäßig durchgeführten Impfwochen genannt.
Aus Sicht des StMGP ist Überzeugung besser als Zwang, gleichwohl wurde eine ausreichend hohe Impfquote bisher nicht erreicht. Daher unterstützt das StMGP das Masernschutzgesetz, das am 1.3.2020 in Kraft treten soll. Mit dem Gesetz soll eine Impfnachweispflicht für in Gemeinschaftseinrichtungen (u.a. Schulen, Kitas) Betreute und dort Tätige sowie Personen, die in bestimmten medizinischen Einrichtungen tätig sind, eingeführt werden. Die Impfnachweispflicht gilt außerdem auch für Gemeinschaftseinrichtungen für Asylbewerber und Flüchtlinge. Ziele des Gesetzes sind der bessere individuelle Schutz insbesondere von besonders schützenswerten Personengruppen sowie ein ausreichender Gemeinschaftsschutz vor Maserninfektionen angesichts der bundesweit betrachtet noch zu niedrigen Durchimpfungsquoten.
Es ist zutreffend, dass die im Masernschutzgesetz vorgesehene Impfpflicht in den Schutzbereich mehrerer Grundrechte eingreift und deshalb einer Rechtfertigung bedarf. Sie liegt vor, wenn das Gesetz verhältnismäßig ist.
Die Verhältnismäßigkeit wird unterschiedlich beurteilt, überwiegend jedoch bejaht. Das Bundesgesundheitsministerium ist der Auffassung, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist. Auch das Bundesjustizministerium hatte den Gesetzentwurf geprüft. Eine finale verfassungsrechtliche Entscheidung kann nur durch das Bundesverfassungsgericht getroffen werden. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zusteht, ob mit einem Gesetz ein legitimes Ziel verfolgt wird.
Impfungen gehören laut der nach § 20 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) am Robert Koch-Institut (RKI) eingerichteten ständigen Impfkommission (STIKO) zu den wirksamsten und wichtigsten präventiven medizinischen Maßnahmen. Bei den Pocken war die Impfpflicht erfolgreich und hat entscheidend zur weltweiten Ausrottung der Pocken beigetragen. Eine Masern-Impfpflicht scheint daher geeignet, das angestrebte Ziel einer höheren Durchimpfungsquote und damit der Vermeidung der Ansteckung, der Bekämpfung und Ausrottung der Masern zu erreichen.
Die erforderliche Durchimpfungsquote von 95% bei der 2. Masernimpfung wird in Deutschland trotz umfangreicher Aufklärung und Beratung (vgl. z.B. § 34 Abs. 10 a IfSG) bisher unterschritten. Es ist daher vertretbar – wenn auch umstritten –, anzunehmen, dass die Aufklärungsarbeit kein milderes und gleich effektives Mittel darstellt.
Das Risiko von schweren, teils tödlichen Komplikationen einer Infektion mit dem Wildvirus überwiegt ganz eindeutig die möglichen Nebenwirkungen oder Risiken der Impfung. Schwere und auch tödliche Verläufe sind bei einer Maserninfektion trotz aller Fortschritte der begleitenden Therapie weiterhin möglich. Die Impfpflicht dient damit auch dem Schutz der Gesundheit und des Lebens Dritter. Bei dem Schutz von Gesundheit und dem Leben Dritter handelt es sich um ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut, das prinzipiell zur Rechtfertigung geeignet ist. Personen, für die die Impfung aus körperlichen Gründen zu einer Gefahr werden könnte oder die zu jung für eine Impfung sind, sind auf den ausreichenden Schutz anderer angewiesen.
Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen, z.B. Schulen und Kitas, haben einen Anspruch darauf, vor vermeidbaren Gefährdungen geschützt zu werden.
Mit diesen Argumenten lassen sich sowohl der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG als auch in das Elternrecht gemäß Art. 6 Abs. 2 GG rechtfertigen. Hinzu kommt, dass die „Impfpflicht“ als Impfnachweispflicht ausgestaltet ist, sodass eine zwangsweise Durchführung der Impfung durch das Gesundheitsamt unter keinen Umständen in Betracht kommt.
Derzeit erarbeitet eine Arbeitsgruppe konkrete Vollzugshinweise und Arbeitshilfen, welche den betroffenen Einrichtungen und Personengruppen vor dem 01.03.2020 zur Verfügung gestellt werden. Ein bürokratisches Monster soll dabei vermieden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Melanie Huml, MdL