Frage an Melanie Huml von Harald K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Melanie Huml,
die Deutsche Rentenversicherung betreute im Jahr 2015 mit ca. 61000 Mitarbeiter ungefähr 75 Mio. Versicherte ( http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/6_Wir_ueber_uns/02_Fakten_und_Zahlen/03_statistiken/wichtige_eckzahlen_node.html ). Alle Gesetzlichen Krankenkassen zusammengenommen kümmern sich um 75 Mio. Beitragszahler mit einem personellen Aufwand von 273000 Arbeitnehmern zu Nettoverwaltungskosten von 10.430.586.385 Euro (2015) ( http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Statistiken/GKV/Kennzahlen_Daten/160713_KG1_2015.pdf ). Die Verwaltungs- und Verfahrenskosten der Rentenversicherung hingegen beliefen sich im gleichen Zeitraum auf, im Vergleich fast lächerliche 113 Mio. Euro.
Der Gesetzgeber schreibt ca. 96% der Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen vor, d.h. es wird kein substantieller Wettbewerb zwischen den immer noch etwa 117 existierenden Gesetzlichen Krankenkassen durch die Politik ermöglicht.
Der aktuell künstlich erzwungene „Wettbewerb“ zwischen den GKVs verursacht immense Kosten für Marketing, Mitgliederwerbung, Vertragskündigung, Mitgliederwechselbearbeitung, Reklame in Medien, Sponsoring von Profisport, Verwaltung des Risikostrukturausgleichs und des Gesundheitsfonds, Kochkurse sowie diversen Esoterikkurse. Außerdem müssen Vorstände, Verwaltungsräte und andere hochdotierte Stellen 117 mal – statt wie bei der Rentenversicherung 1 mal – vorgehalten und bezahlt werden.
Frage:
Bitte erläutern Sie, weshalb Sie unter den beschriebenen Rahmenbedingungen, die Fusion der 117 GKVs zu einer „Deutschen Krankenversicherung“ nach dem Vorbild der „Deutschen Rentenversicherung“ nicht einmal thematisieren geschweige denn umsetzen? Die vielen Milliarden die pro Jahr eingespart würden, könnten direkt in die Verbesserung der Patientenversorgung fließen!
Mit freundlichen Grüßen
Harald Kroemer
Ansbach
Sehr geehrter Herr Kroemer,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage zur Fusionierung der Krankenversicherung nach dem Vorbild der Deutschen Rentenversicherung.
Eine Umstrukturierung des Krankenversicherungssystems zu einer „Deutschen Krankenversicherung“, wie Sie es bezeichnen, befürworte ich nicht.
Zum einen findet im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ein deutlicherer Wettbewerb der Krankenkassen statt als es auf den ersten Blick der Fall zu sein scheint.
Denn der Wettbewerb richtet sich nicht allein auf den günstigsten Preis, sondern insbesondere auch auf bessere Leistungen oder Serviceangebote für die Versicherten. Diese Pluralität der gesetzlichen Krankenversicherung, gekoppelt mit dem Systemwettbewerb zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und privater Krankenversicherung, führt dazu, dass in Deutschland ein äußerst leistungsfähiges und auch im internationalen Vergleich attraktives Gesundheitssystem besteht. Schon deshalb befürworte ich ein plurales, wettbewerbliches Gesundheitssystem auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zum anderen lassen sich die Verwaltungskosten und der Personaleinsatz von Krankenversicherung und Rentenversicherung nur sehr bedingt miteinander vergleichen. Denn die gesetzlichen Krankenkassen fungieren als Einzugsstellen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, d.h. sie ziehen deutlich mehr Sozialversicherungsbeiträge ein als nur den der Krankenversicherung, namentlich insbesondere den der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung und leiten die verschiedenen Beiträge in ihrer Funktion als Einzugsstelle anschließend an die jeweiligen anderen Versicherungsträger weiter. Damit erledigen sie wichtige Aufgaben für diese Sozialversicherungsträger!
Zudem sind auch der Umfang der Leistungssachbearbeitung und die Serviceintensität von Rentenversicherung und Krankenversicherung schwer miteinander vergleichbar. Das angebotene Leistungsspektrum der Krankenversicherung sowie die damit verbundene Leistungssachbearbeitung und infolgedessen der Bedarf an Service und Beratung sind oftmals erheblich größer und meist auch relativ kurzfristig, was den Gesamtaufwand deutlich steigert.
Nichtsdestotrotz ist eine auch fachlich sinnvolle Effizienzmaximierung wichtig. Die vom Bundesgesetzgeber auf den Weg gebrachten Reformen haben bereits einen Konzentrationsprozess im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen in Gang gesetzt. Dabei ist die ausdrückliche Intention des Gesetzgebers, durch leistungsfähige Einheiten Effizienzreserven zu mobilisieren! Diese Entwicklung innerhalb des bestehenden Systems hat Bayern intensiv unterstützt.
Mit freundlichen Grüßen
Melanie Huml, MdL
Staatsministerin