Frage an Matthias Zimmer von Heike R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Professor Zimmer,
warum muss es nach solanger Regierungsverantwortung von Frau Merkel überhaupt im wolhabenden Deutschland immer mehr Tafeln und Suppenküchen geben?
Mit freundlichem Gruß
Dr.med. H. R.
Sehr geehrte Frau Dr. R.,
Sie scheinen zu unterstellen, dass Tafeln wesentlich aus einem Impuls der Armutsbekämpfung eingerichtet wurden. Sie verdanken ihre Entstehung aber dem Skandal, dass viele Lebensmittel weggeworfen werden, obwohl sie noch verwendbar sind. Daraus ist dann die Idee der Tafel entstanden: Diese Lebensmittel dann zu sammeln und an Menschen zu geben, für die dies eine Entlastung bedeutet.
Ich habe schon den Eindruck, dass die Tafeln im Laufe der Jahre deutlich entstigmatisiert worden sind. Dort Lebensmittel zu besorgen trägt heute nicht mehr in dem Maße wie vielleicht noch vor 20 Jahren eine sozial negative Konnotation mit sich. Insofern wird sie auch häufiger in Anspruch genommen, und das ist auch in Ordnung. Sie entlasten nach wie vor Menschen mit wenig Geld und sind eine begrüßenswerte Initiative.
Gleichzeitig ist auch richtig, dass für viele Menschen seit der Einführung der Hartz-Gesetzgebung das verfügbare Einkommen geringer geworden ist. Das alte System der Sozialhilfe war hier anders angelegt. Darüber hinaus haben wir zunehmend Menschen, für die (aus welchen Gründen auch immer) die Rente nicht auskömmlich ist. Freilich: Die Empfänger von Leistungen nach SGB II bekommen ein soziokulturelles Existenzminimum, das regelmäßig neu berechnet wird und nach Meinungen der Experten auskömmlich ist. Gleiches gilt für Rentner, die aufstockende Leistungen in Anspruch nehmen können. Wir sollten deshalb nicht so tun, als ob die Zunahme der Tafeln ein Indikator für zunehmende Armut in unserem Land sei; das halte ich für kurzschlüssig. Die Realität ist da häufig komplexer und von vielfältigen Motivationen geprägt.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Matthias Zimmer MdB