Frage an Matthias Zimmer von Heribert K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Dr. Zimmer,
Persönlich gehe ich aufgrund Ihrer bisherigen Tätigkeiten davon aus, dass Sie auch im neuen BT dem Auschuss für Arbeit und Soziales wieder angehören werden. Daher wende ich mich mit folgender Frage bzw. Vorschlag an Sie: Zwischen dem steuerlichen Grundfreibetrag und dem Mindestlohn klafft eine ziemliche Differenz. So zahlt ein lediger Arbeitnehmer, der zu Mindestlohnkonditionen 169 Stunden (=38,5 Std.-Woche) im Monat arbeitet, in der Steuerklasse 1 ca. 80 Euro Lohnsteuer monatlich oder 960 Euro p.A.. Meine Frage an dieser Stelle: Halten Sie das mit der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie vereinbar, dass ein Mindestlohn festgeschrieben wird, der gleichzeitig die Taschen des Fiskus füllt? Eine Gewerkschaftsstudie spricht davon, dass hier neben der Entlastung der Sozialkassen (Stichwort „Aufstocker“) unmittelbar 2 Mrd. Euro beim Fiskus landen. Selbst wenn kein Verstoß gegen Art 9 Abs. 3 GG vorliegt - so halte ich diesen Umstand jedoch für sehr fragwürdig. Deshalb hier in dürren Worten mein Vorschlag: Anstelle der Erhebung von Lohnsteuer im Bereich des Deltas zwischen Grundfreibetrag und Mindestlohn sollte dieser Betrag in eine flächendeckende gesetzliche „Bürger-Grundrentenversicherung“ eingesetzt werden. Mit „flächendeckend“ meine ich, dass hier Selbständige, Beamte, Mandatsträger und Arbeitnehmer gleichermaßen in diese Versicherung einzahlen. Es ist also eine Änderung des Steuertarifs erforderlich. Nicht als Steuer sondern als „Beitrag“ käme dieser Betrag unmittelbar dem Bürger zugute und wäre zumindest ein Baustein zur Begegnung der Altersarmut. Zudem würde auch die Altersversorgung im öffentlichen Dienst und in den berufsständischen Altersversorgungssystemen auf ein zweites Standbein gestellt. Ich freue mich, von Ihnen zu hören.
Mit freundlichen Grüßen
H. K.
Sehr geehrter Herr K.,
Einkommenssteuern werden allgemein oberhalb bestimmter Freigrenzen erhoben – ohne Unterscheidung, ob es sich um tarifvertraglich ausgehandelte Löhne handelt oder nicht. Ich sehe daher nicht, wieso die Besteuerung von Mindestlohngehältern gegen die Tarifautonomie verstoßen sollte. Wenn dies so wäre, dürften auch keine Steuern auf tarifvertraglich ausgehandelte Löhne erhoben werden. Das aber halte ich für abwegig.
Zu Ihrem zweiten Punkt, einer flächendeckenden „Bürger-Grundrentenversicherung“, gebe ich zu bedenken: Wenn mehr Menschen in die Rentenversicherung einbezogen werden, steigen nicht nur die Einnahmen, sondern eben auch die Ausgaben, da sich natürlich der Kreis der Anspruchsberechtigten vergrößert. Kurzfristig kann es durch die Einbeziehung weiterer Personengruppen durchaus zu höheren Einnahmen in der Rentenversicherung kommen. Dieser Effekt wird sich jedoch mittel- und langfristig egalisieren, da folgerichtig mit mehr Beitragszahlern auch mehr Menschen einen Anspruch auf eine Rentenzahlung erhalten. Das sich zunehmende strukturelle Problem der Rentenversicherung, dass künftig weniger Beitragszahlern mehr Rentenempfänger gegenüberstehen, würde durch eine Vergrößerung des Versichertenkreises also nicht gelöst.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Zimmer