Frage an Matthias Zimmer von Andre L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Zimmer,
in Ihrer Antwort vom 10.11.2016, unter Punkt 4. bezeichnen Sie die AfD als "Hetzer" und sehen in Ihr ein Problem für die politische Kultur. Die AfD hat bekanntlich eine nicht geringe Menge an demokratischen und gebildeten Wählern und ist in sich eine demokratisch konservative und auf dem Fundament des Grundgesetzes stehende Partei.
Ist nicht Ihre Aussage (AfD=Hetze) und das zwangsläufig damit verbundene Herabwürdigen von Menschen die nicht Ihre Meinung teilen, ein Problem für die politische Kultur?
Dazu die Frage, beabsichtigen Sie damit eine Stigmatisierung von Menschen die lediglich Ihre pers. politischen Vorstellungen nicht teilen?
Wie stehen sie zu der gemeinsamen Aktion "gegen Hetze im Internet und sozialen Medien" des Bundesjustizministers mit der Amadeo Antonio Stiftung?
Können sie sich Maßnahmen gegen linksradikale und z.T. mit der RAF sympathisierende Internetpräsenz (z.B. linksunten.indymedia sowie diverser linksautonomer Facebookgruppen) vorstellen, oder liegt der Fokus de facto lediglich auf die Bekämpfung rechtsradikaler Erscheinungen?
Wie beurteilen Sie das Verhältnis der öffentlichen Berichterstattung in Bezug auf die Publizierung von politisch motivierter Kriminalität links zu politisch motivierter Kriminalität rechts?
Vielen Dank für Ihre Mühe.
Sehr geehrter Herr Luetegen,
wenn prominente AfD-Funktionäre Frauen und Kinder an der Grenze erschießen wollen (Petry, Storch) und sich nachher windelweich rausreden, sie seien auf der Maustaste ausgerutscht (Storch); wenn Flüchtlinge unter Generalverdacht gestellt werden; wenn etwa der AfD-Funktionär Frohnmaier bei Facebook über die Kölner Übergriffe äußert, es sei schade, dass man die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth nicht gleich mit vergewaltigt hat; wenn Flüchtlinge als "Invasoren" beschimpft und die Grünen als "linke Verräterbande" (so der AfD-Landtagskandidat in Baden-Württemberg Seitz) genannt werden; wenn das Mitglied des Frankfurter Kreisvorstands der AfD, Iris Leibbrand, Videos der Reichsbürgerbewegung zustimmend teilt, in denen z.B. zum Sturm auf den Bundestag aufgerufen wird, um die ganzen "Volksverräterschweine" rauszuwerfen; wenn die Bundeskanzlerin für Straftaten von Flüchtlingen persönlich verantwortlich gemacht wird --- ja, dann kann man schon von Hetze sprechen. Die Beispiele ließen sich beliebig fortführen. Mich haben sie lediglich einige Minuten der Recherche im Internet gekostet. Und ich möchte schon bezweifeln, dass viele der von Ihnen angeführten "gebildeten Wählern" diese Aussagen teilen. Das ist auch der Grund, warum nicht nur die CDU Hessen sagt: Mit denen werden wir nicht koalieren.
Ich habe ebenfalls eine Abneigung gegen linke Hetze. Und das sage ich mit der gleichen Deutlichkeit. Politik soll Probleme lösen. Nicht Probleme schaffen dadurch, dass man Menschen oder Gruppen gegeneinander in Stellung bringt. Das ist für mich die Essenz der Demokratie, wie übrigens auch die Ablehnung von Rechts- und Linksextremisten. Und wenn Sie mich auf politisch motivierte Kriminalität ansprechen: Die rechte Gewalt hat in den letzten beiden Jahren enorm zugenommen; Zahlen sprechen von bis zu 30%. Die linksextreme Gewalt (von der wir ja gerade in Frankfurt im Umfeld der Blockupy-Demonstrationen einige hatten) auch; das ist besorgniserregender als die leichte Zunahme der Ausländerkriminalität. Darüber zu sprechen lohnt aus meiner Sicht schon, denn ich möchte nicht in einem Land leben in dem Politiker von der einen oder anderen Seite unter dem Schatten von Morddrohungen stehen oder für Leib und Leben ihrer Familien fürchten müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Zimmer