Portrait von Matthias Zimmer
Matthias Zimmer
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Matthias Zimmer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Roland E. •

Frage an Matthias Zimmer von Roland E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zimmer,

ich beziehe mich bei meiner Frage auf Ihre Antwort vom 19.09.2014 zum Thema TTIP. Sie leiten Ihre Antwort damit ein, dass Sie "kein Spezialist für dieses Thema" sind, was auch auf mich zutrifft. Ihre Antwort habe ich mir genau durchgelesen und ich denke auch, dass "TTIP nur gelingen [wird], wenn eine breite Öffentlichkeit das Abkommen unterstützt." Meine Fragen:

1. Wie stehen Sie zum geplanten Schiedsgericht (Investor-state dispute settlement = ISDS) im CETA-Abkommen und später wohl auch in TTIP?

Zwar gehen Sie auf "Investitionsschutzes und Mediation" ein, aber die Frage von Hr. Sallmann betraf das geplante Schiedsgericht. Im Gegensatz zur Mediation (freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes) handelt es sich bei ISDS um ein nicht-staatliches Gremium, vor dem Staaten von Privatpersonen/Unternehmen verklagt werden können und in dem keine Berufung möglich ist.

2. Was halten Sie in diesem Zusammenhang von den Gegenargumenten (Quelle: http://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/TTIP_und_das_deutsche_Grundgesetz__by_Axel_Flessner_.pdf):

a. Staatsgewalt unter Fremdbestimmung: ISDS unterwirft den deutschen Staat Rechtsregeln, die so im Grundgesetz (GG, v.a. Art. 20 Abs. 1 und 2) nicht vorgesehen sind.

b. Ausschluss des Rechtswegs: Durch das TTIP-/CETA-Abkommen wird die Rechtsweggarantie (Artikel 19 Absatz 4 GG) für Kläger aus dem Ausland ausgeschlossen. Es soll allein ISDS zuständig sein.

c. Fremde Richter: Durch Einführung von ISDS unterwirft sich der deutsche Staat bei Streitigkeiten mit Personen und Unternehmen fremden Richtern.

d. Inländerdiskriminierung: Das ISDS steht nur ausländischen Investoren für eine Klage im Zusammenhang mit dem TTIP-/CETA-Abkommen offen.

e. Selbstermächtigung der EU: Die EU überschreitet mit den in TTIP-/CETA behandelten Themen (z.B. Steuern) ihren Kompetenzbereich.

Ich würde mich sehr freuen, von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen,
Roland Eckert

Portrait von Matthias Zimmer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Eckert,

im Augenblick sehe ich in der Frage einige Bewegung. Bei CETA war der ISDS Bestandteil des Mandats, bei TTIP nicht. Wir werden auch zu klären haben, ob die jeweiligen Abkommen im Deutschen Bundestag behandelt werden müssen, der Bundestag also zustimmen muss. Ich meine dass dies der Fall sein muss.

Ich sehe nicht recht den zwingenden Grund für die Einrichtung eines Schiedsgerichtes außerhalb des üblichen Rechtsweges in solchen Staaten, in denen es eine gut funktionierende und ausgebaute Rechtswegegarantie gibt. Überdies steht ja den Parteien in einem Streit auch international ebenfalls die Möglichkeit offen, über ein Arbitration-Verfahren die Differenzen beizulegen. Warum es dann zusätzlich noch ein nichtstaatliches Schiedsgericht geben soll, erschließt sich mir nicht.

Ich lese mit Vergnügen dass sich auch der neue Kommissionspräsident Juncker in seinen politischen Leitlinien vom 15. Juli 2014 ähnlich geäußert hat. Auch die designierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat diese Position in einer schriftlichen Stellungnahme an das Europäische Parlament bestätigt.

Ich gehe also davon aus, dass sowohl die EU als auch der bundesdeutsche Gesetzgeber erhebliche Bedenken haben, diesen Schiedsgerichten zuzustimmen – vermutlich auch aus den Argumenten heraus, die Sie vorgetragen haben.

Ich glaube abschließend aber nicht, dass ein Verzicht auf die Schiedsgerichte die Substanz der Abkommen berühren würde. Wichtiger sind die Fragen der Marktöffnung und der Anerkennung von Mindeststandards. Ich glaube, das lässt sich auch als „win-win“-Situation im beiderseitigen Verhältnis darstellen und kann die Akzeptanz der Abkommen eher noch erhöhen.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Matthias Zimmer MdB