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Matthias Zimmer
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Frage von Katja R. •

Frage an Matthias Zimmer von Katja R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zimmer,

eben habe ich Ihren Redebeitrag zum Mindestlohn gesehen und war sehr überrascht, das Sie die Aussagen INSM zu Recht als interessengeleitet ansehen und den Mindestlohn aus sehr nachvollziehbaren Gründen befürworten.

Dann habe ich aber Ihre Antworten zur Sanktionspraxis gelesen und bin davon mehr als überrascht. Wie passen Ihre Äusserungen im Bundestag zu diesen Antworten?

Ich denke, schon die Beweislastumkehr für ALG II, also das der Betroffene beweisen muss, das er oder sie sich nichts hat zuschulden kommen lassen und das Einsprüche keinerlei aufschiebende Wirkung haben, ist ein Umstand, der eines Rechtsstaates nicht würdig ist. Sind Sie da anderer Meinung? Warum wird es nur für Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, so gehandhabt?

Aber Ihr zentrales Argument, das jemand, der eine Arbeit ablehnt, doch sanktioniert werden muss, ist für mich auch nicht schlüssig. Das würde ja bedeuten, das bei jedem Termin in den ARGen eine Arbeit angeboten wird, denn die meisten Sanktionen gibt es aufgrund von Meldeversäumnissen, wie Sie sicher wissen. Ist es denn so? Wenn sie sagen, der Empfänger muss dafür sorgen ,das er nicht mehr hilfsbedürftig ist, dann wäre aber primär zu klären, ob der versäumte Termin denn wirklich auch dazu hätte führen können. Wenn aber auf 8 Bewerber nur eine Arbeitstelle kommt, dann kann ja schon rein rechnerisch nicht jedem bei jedem Termin eine Stelle angeboten werden. Stimmen Sie dem nicht zu?

Oder geht es um den erzieherischen Charakter der Sanktion? Wirkt der denn bei Erwachsenen auch wie gewünscht? Jede Handlung sollte Konsequenzen haben, da bin ich Ihrer Meinung, dann aber auch für alle. Wie wäre es mit einem Stop der TTIP Verhandlungen mit Amerika aufgrund des Spionageverdachtes? Dann aber auch präventiv, ohne Beweise, bei ALG II geht das ja auch. Werden Sie sich dafür stark machen?

Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg

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Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

mir geht es um den Charakter von Solidarität. Wir haben Solidaritätsstrukturen, die sind nicht reziprok -- also dort, wo der Einzelne, der Hilfe braucht, aus eigener Kraft nichts mehr unternehmen kann, um seine Lage zu ändern. Da gilt das Gebot unbedingter Solidarität.

Dort, wo der Einzelne sehr wohl etwas tun kann, um seine Lage zu ändern -- und das ist typischerweise im Bezug von Hartz IV der Fall -- ist es statthaft, Solidarität an Bedingungen zu knüpfen. Die Leistungen werden vom Steuerzahler finanziert und nach meiner festen Überzeugung hängt die Legitimität der gesellschaftlichen Ressource Solidarität davon ab, dass sie nicht ausgenutzt wird. Sie werden mir jetzt antworten: Das gilt dann aber auch für die oberen Zehntausend, und dann werde ich sagen: Aber natürlich! Gerade auch für die. In gewisser Weise ist nämlich Steuerhinterziehung die Aufkündigung der Solidarität von oben, und es ist zu Recht eine Straftat.

Ein sanktionsfreier Bezug von Hartz IV ist ein bedingungsloses Grundeinkommen auf niedriger Ebene. Das kann man wollen -- ich will es aus vielerlei Gründen nicht. Deswegen dürfen und müssen wir den Menschen, die im Bezug von Hartz IV sind, auch etwas zumuten. Wenn wir ihnen nichts mehr zumuten können oder wollen, kommen sie in den Leistungskreis nach SGB XII. Das ist für den Einzelnen unter Umständen viel schlimmer, als die sanktionsbewehrten Auflagen im Bereich des SGB II.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Matthias Zimmer MdB