Frage an Matthias Zimmer von Tobias L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Prof. Dr. Zimmer,
Warum ist die Finanzgeldschöpfung (vgl. Werner 2012: 22-25 min.) in der BRD erlaubt?
Quelle:
Werner, Richard; Vortrag, Monetative Jahrestagung Berlin 2012
https://www.youtube.com/watch?v=cWfMINCVuKM
Sehr geehrter Herr Lachmann,
ich würde unter normalen Umständen Ihre Frage, die ja einem Auskunftsbegehren nahe kommt, durch den Verweis auf Nachschlagewerke beantworten, die zu konsultieren ja kein Problem ist, wenn ich nicht den Verdacht hegte, hier könne noch etwas anderes mit angesprochen oder gemeint sein, nämlich die Frage nach dem so genannten Vollgeld.
Zum einen ist die Geldschöpfung im Rahmen der Geld- und Währungspolitik in Deutschland so gewollt.
Zum anderen ist aus Sicht des Bundesministeriums der Finanzen eine sogenannte „Vollgeld-Reform“ nicht realistisch. In der wissenschaftlichen Debatte über die Folgen der Finanz- und Eurozonen-Krise spielt das Konzept keine große Rolle. Auch der ursprüngliche „Chicago Plan“ aus den 1930er-Jahren, auf den sich die Vorschläge zur „Vollgeldreform“ gründen, gelangte weder jemals zur Anwendung, noch wurde er in den Wirtschaftswissenschaften ernsthaft weiterverfolgt.
Die makroökonomischen Auswirkungen der Einführung eines „Vollgeldes“ wären erheblich. Die Beseitigung des marktwirtschaftlichen Multiplikatoreffekts der Zentralbankgeldmenge wäre zudem mit erheblichen Auswirkungen für die Realwirtschaft durch eine Einschränkung der Effizienz der Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmen und einer Beeinträchtigung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität verbunden und würde zu permanenten Verhandlungen der Unternehmen mit der Zentralbank über die Ausstattung der Wirtschaft mit Bargeld führen. Diesem Diskussionsprozess könnte sich letztlich auch die Regierung nicht mehr entziehen – mit entsprechender Gefahr für die Unabhängigkeit der Zentralbank und inflationären Entwicklungen. Mit den derzeit vorhandenen geldpolitischen Instrumenten – insbesondere der Zinspolitik – sind die Zentralbanken zudem in der Lage, Geldmenge und Preisniveauentwicklung wirksam zu kontrollieren.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Matthias Zimmer MdB