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Matthias Zimmer
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Frage von Julius T. •

Frage an Matthias Zimmer von Julius T. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Dr. Zimmer,

Ihre Partei weigert sich die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe zu bewirken, bzw. die Ehe für homosexuelle Lebenspartnerschaften zu öffnen.
Dazu hätte ich einige Fragen:

1. Das BverfG hat in mehreren Entscheidungen eine Ungleichbehandlung homosexueller Lebenspartnerschaften gegenüber verheirateten Paaren für verfassungswidrig erklärt. Wenn Ihre Partei sich dennoch weigert dies umzusetzen, handelt sie dann nicht verfassungswidrig? Denn dass das BverfG die Letztentscheidungsgewalt in Verfassungsfragen hat ist unbestritten, es gibt keine rechtsstaatliche Legitimation sich dem zu widersetzen.

2. Formaljuristisch ist es nur als Ungleichbehandlung zu bewerten, das homosex. Lebenspartnerschft. nicht die Ehe eingehen dürfen. Gem. Art. 3 GG bedarf jede Ungleichbehandlung einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung, mithin muss ein sachlicher Grund die Ungleichbehandlung erforderlich machen. Art. 6 GG könnte als sog. Institutionsgrundrecht diesen sachlichen Grund liefern, im Zuge einer teleologischen Reduktion würde man zu dem Ergebnis kommen das die herausragende und verfassungsrechtlich garantierte Institution der Ehe den Fortbestand des Staatsvolkes sichern soll, das nun einmal nicht "aussterben" soll. Zwar können homosex. Lebenspartnerschft. diesen Fortbestand auf biologischem Wege nicht garantieren, über die Adoption ist dies allerdings ohne weiteres möglich, sodass der Sinn und Zweck von Art. 6 GG mitnichten eine Ungleichbehandlung homosexueller Lebenspartnerschft. rechtfertigt.

3. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat unlängst in einem viel beachteten Fernsehauftritt die Haltung ihrer Partei zu dieser Thematik mit "persönlichem Unwohlbefinden" begründet. Auch insbesondere Abgeordnete der CSU argumentieren oft mit Traditionen und ähnlichem. Ist Ihnen bewusst, das diese Erwägungen in derartige Entscheidungen einfließen zu lassen vollkommen verfassungswidrig ist?

Ich freue mich auf Ihre Antwort,
Julius Thiel

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thiel,

Sie rennen bei mir offene Türen ein, da ich einer von 13 Unionsabgeordneten war, die im letzten Jahr mit der Forderung nach steuerlicher Gleichberechtigung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft an die Öffentlichkeit gegangen ist und dies auch auf dem CDU-Parteitag in Hannover öffentlich vertreten habe. Und, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, das BVerfG hat nicht allgemein die Ungleichbehandlung als verfassungswidrig erklärt, sondern immer nur bestimmte Aspekte -- wie zuletzt die Frage der Veranlagung zur Einkommenssteuer. Dem hat der Deutsche Bundestag auch noch vor der Sommerpause Rechnung getragen und eine Gesetzesänderung herbeigeführt. Insofern geht Ihr Punkt (1) von falschen Voraussetzungen aus.

Was Punkt (2) angeht: Man kann mit guten Gründen darüber streiten ob es nicht sinnvoll wäre, die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zu öffnen. Dann würde man die quälenden Debatten vermeiden, mit denen wir uns z.T. auseinander setzen. Ich nehme allerdings zweierlei zur Kenntnis: Dass zum einen die rot-grüne Koalition diesen Weg bewusst nicht gegangen ist, und dass es zum zweiten in dieser Frage keine einheitliche Sicht der betroffenen community gibt. Im Zeitalter der technischen Machbarkeit verschiebt sich ein wenig die Frage der Fertilität aus der lediglich heterosexuell definierten Partnerschaft in andere Partnerschaftsmodelle. Auch die Adoption, die ja der nächste Schauplatz der Auseinandersetzungen sein wird, ist durchaus ein gutes Argument gegen die ausschließliche Privilegierung von heterosexuellen Partnerschaften, wenn es um die Sorge für die nachwachsende Generation geht. Ich glaube, hier wird es noch erheblichen Gesprächsbedarf in der Gesellschaft insgesamt geben.

Ich kann, und dies zu Ihrem Punkt (3), die mentalen Hürden von vielen verstehen, die sich mit einer Gleichstellung schwer tun. Ihnen muss man aber argumentative Brücken bauen, und Ihre Auslassungen zur Verfassungswidrigkeit sind weder ein Argument (weil es so, wie Sie es schreiben, falsch ist), noch baut es Brücken. In der Frage des Umgangs mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften hat sich in den letzten Jahren unglaublich viel getan. Aber man muss auch die Bedenken derjenigen, die sich mit dem schnellen Wandel nicht abfinden können, ernst nehmen. Ihnen mit der Keule drohen, ihre Ansichten seien verfassungswidrig, halte ich für kontraproduktiv und zum Teil für sachlich falsch.

Ich bin davon überzeugt, dass der weitere Weg auch absehbar ist, und zwar in Richtung einer umfassenden Gleichstellung. So formuliert es auch der Koalitionsvertrag:

"Wir werden darauf hinwirken, dass bestehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von Menschen auf Grund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen beendet werden. Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen."

--- Und das ist doch ein Wort, oder?

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Matthias Zimmer MdB