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Matthias Zimmer
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Frage von Matthias T. •

Frage an Matthias Zimmer von Matthias T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Zimmer,

mit großer Verwunderung verfolge ich derzeit die Berichterstattung über die Aktivitäten des amerikanischen Geheimdienstes NSA, die mit einer massiven Verletzung der Privatsphäre deutscher Bürger einhergeht. Mich beunruhigt auf der einen Seite das Ausmaß der Sammlung privater Informationen, auf der anderen Seite bin ich verwundert über Reaktion vieler Politiker, die nicht an einer Aufklärung interessiert zu sein scheinen und versuchen, die Angelegenheit herunterzuspielen. Als Bürger Ihres Wahlkreises interessiert mich, wie Sie mit den jüngst bekannt gewordenen Details umgehen und welche Konsequenzen Sie für Ihre politische Arbeit als gewählter Volksvertreter ziehen.
Ich freue mich auf eine Antwort von Ihnen!

Herzliche Grüße aus Frankfurt,

Matthias Thauber

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CDU

Sehr geehrter Herr Thauber,

ich bin nicht sicher, dass ich verstehe warum die Bundesregierung an Aufklärung nicht interessiert sein soll, wie Sie unterstellen. Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Bei seinen Gesprächen in den USA hat Innenminister Friedrich auf eine Aufklärung der Vorwürfe gedrungen, die Edward Snowden erhoben hat. In den Gesprächen haben Vizepräsident Biden und der zuständige Justizminister Holder die Existenz des „Prism“-Programms der NSA bestätigt. Dies dient jedoch nach Angaben der Amerikaner keineswegs der flächendeckenden Speicherung von Kommunikationsinhalten, sondern der gezielten Überprüfung auf Hinweise, die Bezug zu Terrorismus, organisierter Kriminalität und Massenvernichtungswaffen haben. Verbindungsdaten (Telefonnummern und Gesprächsdauer, Gesprächszeit) werden durch staatliche Stellen länger und umfassender gespeichert.

Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament erarbeiten derzeit ein neues EU-Datenschutzrecht, die sog. Datenschutz-Grundverordnung. Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen gefordert, Datenweitergaben von Unternehmen an Behörden in Drittstaaten wie den USA transparenter zu machen. Deshalb sollen die Unternehmen die Grundlagen der Datenübermittlung offenlegen. Die Bürger sollen wissen, unter welchen Umständen und zu welchem Zweck Unternehmen ihre Daten weitergeben müssen. Hierfür muss eine entsprechende Regelung in die neue Datenschutz-Grundverordnung aufgenommen werden.

In den Anfang Juli 2013 begonnenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU sollen nach der Vorstellung der Bundesregierung auch gemeinsame Datenschutzregeln thematisiert werden. Ziel ist, dass wir uns auf eine „Digitale Grundrechte-Charta“ verständigen. Allerdings sitzt die Bundesregierung nicht unmittelbar am Verhandlungstisch, sondern die EU-Kommission führt die Verhandlungen. Daher ist zunächst ein Konsens innerhalb der EU zu erzielen.

Selbstverständlich gilt in Deutschland deutsches Recht. Mir ist nicht bekannt dass die Amerikaner in Deutschland gegen deutsches Recht verstoßen hätten. Man muss aber wissen, dass im Zeitalter des Internets der Geltungsbereich unserer Gesetze letztlich begrenzt ist. In dem Moment, wo wir unsere Daten über das Internet senden, verlassen diese oftmals, ohne dass wir es überhaupt bemerken, unser Staatsgebiet. Für die Nutzung der populären ausländischen und insbesondere amerikanischen Dienste gilt dies ohnehin. Und ob der NSA gegen amerikanisches Recht verstoßen hat, müssen die USA beantworten. Bislang habe ich dafür allerdings keine Anhaltspunkte. Jeder Internetnutzer darf sich nicht nur an der Nützlichkeit des Internet erfreuen, sondern er muss sich auch dessen Gefahren und Schwachstellen bewusst werden. Das gilt besonders in sensiblen Bereichen wie Internetbanking und dem Online-Kauf, aber auch bei der alltäglichen Kommunikation. Daher sind Aufklärung und Bewusstseinsbildung die richtigen Maßnahmen, damit der Bürger entscheiden kann, ob er verfügbare Sicherheitsmaßnahmen nutzt. Nützliche Hinweise finden sich unter www.buerger-cert.de, www.bsifuer-buerger.de und www.sicher-im-netz.de. Zudem hat der Bund mit dem elektronischen Personalausweis eine Möglichkeit geschaffen, sich sicher im Internet zu identifizieren. Zudem hat er mit „DE-Mail“ eine Kommunikationsform rechtlich anerkannt, die höheren Sicherheitsstandards entspricht und die die Identität von Absender und Adressat eindeutig nachweist.

Ich halte, wie Otto Schily in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL, die ganze Debatte ohnehin für weit überzogen. Es ist Aufgabe von Nachrichtendiensten, im Rahmender gesetzlichen Ordnung Bedrohungen zu identifizieren und vor ihrer Umsetzung zu verhindern. Hier gibt es ernsthafte Hinweise auf mehrere verhinderte Anschläge in Deutschland. Wenn dies mithilfe von Daten aus den USA passiert sein soll, haben wir Grund, dankbar zu sein. Das Jammern und Klagen wäre nämlich viel größer wenn es nicht gelungen wäre, solche Anschläge mit vermutlich vielen Toten zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Matthias Zimmer MdB