Frage an Matthias Zimmer von R. B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Zimmer,
in der letzten Debatte über den Armuts- und Reichtumsbericht habe Sie geäußert, dass es den Menschen in Deutschland gut geht!
Das verwundert uns doch sehr. 8 Millionen Menschen müssen im Niedriglohn Sektor für unter € 9,15 arbeiten. Davon 6 Millionen unter € 8,00. 8 Millionen sind grob gesehen 20% der arbeitenden Bevölkerung. Ist diese Anzahl von betroffenen Menschen nicht erwähnenswert? Nicht zu vergessen die 4,5 Millionen Mitbürger die in Hartz IV stecken. Für uns ist das schon eine ganze Masse. Oder wo fängt bei Ihnen „ Masse „ an, bei 50%?
Ihre Äußerung bestätigt unseres Erachtens nur die Meinung vieler, dass unsere Volksvertreter den Kontakt zu einem großen Teil der Bevölkerung verloren haben.
Wir halten es für zynisch, wenn jemand 20% der Bevölkerung nicht für Erwähnungswert hält. Wenn Sie gesagt hätten: Der Mehrheit der Menschen in Deutschland geht es noch gut, hätten Sie richtiger gelegen.
Sollte Ihre Äußerung der Meinung der CDU entsprechen, so ist diese Partei für uns und viele andere Mitbürger nicht mehr wählbar. Schon die Debatten über den Mindestlohn zeigen deutlich, dass viele Abgeordnete der CDU kein Verständnis mehr für einen Teil der Bevölkerung aufbringen.
Wenn eine Ministerin, die auch der CDU angehört, einen kritischen Bericht zu der sozialen Situation im Land schreibt, die durch die aktuellen Zahlen belegt ist, so sollten sich die Mitglieder der Regierung damit befassen, diese Situation zu entschärfen. Nicht aber zu versuchen den Bericht zu entschärfen. Diese Verhaltensweise ist für den Wähler nicht mehr nachvollziehbar. Bei der Erkrankung eines Menschen bekämpft der Arzt ja auch die Krankheit seines Patienten und versucht nicht die Diagnose zu schönen.
Es wäre wünschenswert wenn ein Teil unserer Volksvertreter zu einer anderen Haltung gegenüber unserem sozialen Werteverständnis zurückkehren würden.
Mit Grüßen einiger enttäuschter, ehemaliger Wählern der Christlich Demokratischen Partei.
M. & R. Budde
Sehr geehrter Herr Budde,
eine richtige Frage vermag ich nicht zu erkennen, aber lassen Sie mich trotzdem antworten.
Der Bericht der Bundesregierung zeigt, dass nach vielen statistischen Indikatoren es den Menschen in Deutschland heute besser geht als vor zehn Jahren. Die Einkommensschere, die sich unter Rotgrün geöffnet hat, schließt sich wieder. Der Gini-Koeffizient, das Maß für gesellschaftliche Gleichheit, zeigt: Wir haben mehr Gleichheit als vor zehn Jahren. Wir haben erheblich weniger Arbeitslose als vor zehn Jahren, und wir haben deutlich mehr Arbeitsplätze. Woher kommt also das ganze Gejammer?
Dass Sie ausgerechnet mir Vorwürfe wegen des Mindestlohnes machen finde ich schon beinahe komisch. Ich war einer der ersten in der Union der für einen Mindestlohn eingetreten ist -- nachzulesen auch in einem großen Artikel in der Frankfurter Rundschau am 9. Februar 2007. Das muss man nicht wissen. Aber zumindest sollte man, bevor man solche Vorwürfe macht, sich vergewissern, dass man sich nicht selbst lächerlich macht.
Ein letzter Punkt. Bitte nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass ein Bericht der Bundesregierung erst dann ein Bericht der Bundesregierung ist, wenn er von allen Ministerien, auch durch den Weg der inhaltlichen Abstimmung, mitgetragen wird. Das ist keine Zensur, sondern dient der Findung einer gemeinsamen Position der Bundesregierung. An den Zahlen ändert das nichts, vielleicht an den Wertungen. Aber jeder mündige Bürger kann sich ja ein Bild von den Zahlen machen und seine eigenen Schlüsse ziehen -- so mache ich es auch.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Zimmer MdB