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Matthias Zimmer
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Frage von Müller U. •

Frage an Matthias Zimmer von Müller U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Zimmer,

in Ihrer Antwort vom 16.4.2012 zum Thema "Rederecht im Bundestag", sagen Sie, dass Sie "Fraktionszwang" für einen selten dämlichen und unzutreffenden Begriff halten.

Dieser Diktion kann ich nicht ganz folgen. Es kam meiner Erinnerung nach häufiger vor, dass Fraktionsvorsitzende bei bestimmten Abstimmungen öffentlich erklärten, die Abstimmung sei freigegeben worden. Was anderes soll ich im Umkehrschluss daraus ableiten, als dass Abstimmungen ansonsten nicht frei sind?

Im Übrigen haben sich meines Erachtens parlamentarische Bräuche eingeschlichen, die mit dem ursprünglichen Sinn eines Parlamentes nichts mehr gemein haben. Von einem Mitglied Ihrer Fraktion wurde mir der Ablauf wie folgt erklärt: Man diskutiere innerhalb der Fraktion durchaus kontrovers, wenn er sich aber mit seiner Meinung nicht durchsetzen könne, stimme er im Parlament mit der Fraktionsmehrheit, auch wenn es gegen seine Überzeugung sei.

Bedeutet diese Verhaltensweise nicht, dass ich es mir im Vorfeld einer Wahl ersparen kann, zu ergründen, wofür der von mir favorisierte Abgeordnete steht, wenn er später im Parlament seine Überzeugungen nicht mehr vertritt, sondern sie einer fragwürdigen Fraktionsdisziplin (ein anderes Wort für Fraktionszwang) opfert?

Ich bin der festen Überzeugung, dass Meinungsbildung im Parlament öffentlich und ergebnisoffen zu erfolgen hat und nicht hinter verschlossenen Fraktionstüren.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Müller

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Sehr geehrter Herr Müller,

wenn eine Abstimmung freigegeben ist, heißt das: Die Fraktion verzichtet auf eine interne Meinungsbildung. Nicht mehr, nicht weniger.

Die Meinungsbildung erfolgt aus einem guten Grund hinter verschlossenen Türen. Nur so kann man intern offen diskutieren. Das lehrt zumindest meine Erfahrung.

Sie übersehen in Ihrer Argumentation, dass es die Aufgabe einer Fraktion ist, eine sprech- und handlungsfähige Legislative darzustellen. Insofern ist zwar jede abweichende Stimmabgabe möglich, aber sie muss auch unter die Frage gestellt werden, ob diese das genannte Kriterium erfüllt. Sie mögen eine Präferenz dafür haben, dass jeder Abgeordnete in jedem Fall und immer so abstimmt, wie es seine Überzeugung ist. Ich habe eine gewisse Präferenz für eine inhaltlich berechenbare Legislative, schon aus der (nicht persönlich gemachten, aber historischen) Erfahrung der Weimarer Republik. Das ist der Spannungsbogen, in dem sich das freie Mandat bewegt. Mit Max Weber gesprochen: Zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik. Und diese Spannung lässt sich weder durch Gesetze noch durch wohlmeinende Ratschläge auflösen - das muss jeder Abgeordnete mit sich selbst ausmachen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Zimmer MdB