Frage an Matthias Zimmer von Udo K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Dr.Matthias Zimmer
Ich habe durch einem Unfall mir beide Fersen und Sprunggelenke zertrümmert,die Krankenkasse hat mich ausgesteuert,beim Arbeitgeber stehe ich noch immer im Arbeitsverhältniss ohne Entlohnung,beim Arbeitsamt werde ich als Arbeitslos(Alg1) gelistet.Mit der Bitte um eine Umschulung (Geb.1954)welche aus Altersgründen abgelehnt wurde(sollen aber laut Gesetz noch bis 67 Jahren arbeiten) , nun wurde mir vom Vertrauensarzt des Arbeitsamt ein Atest ausgestellt ,wobei ich nur noch unter 15 Std. die Woche Arbeiten darf.Darauf bekam ich vom Arbeitsamt mitgeteilt,sie seien nun für mich nicht mehr Zuständig,ich soll umgehend einen Antrag auf Erwerblosenrente stellen,welches ich nun auch tat. Ist man dann vom Staat einfach so abgeschoben,trotz 40 jähriger Berufserfahrung(kann sich das ein Staat trotz Facharbeitermangel leisten).Wie soll es nun weitergehen und wovon soll man leben ???Können Sie mir einen Weg sagen?Welches Recht habe ich noch ???
Mit lieben Gruß,Ihr Udo Krüger
Sehr geehrter Herr Krüger,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, für deren Beantwortung ich wegen der notwendigen Recherche einige Tage länger benötigt habe.
Die sogenannte "Nahtlosigkeitsregelung" (§ 125 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch) sieht kurz gesagt vor, dass ein Arbeitsloser auch dann ungeachtet seiner gesundheitlichen Einschränkungen Arbeitslosengeld beanspruchen kann, wenn er wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit keine versicherungspflichtige, mindestens 15 Wochenstunden umfassende Beschäftigung ausüben kann - unter der Bedingung, dass der zuständige Rentenversicherungsträger eine verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung nicht festgestellt hat. Mit dieser Regelung soll ausgeschlossen werden, dass ein leistungsgeminderter Arbeitsloser, der in der Rentenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versichert ist, weder von der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld noch vom Rentenversicherungsträger eine Rente beanspruchen kann, weil er nach Auffassung der Agentur für Arbeit nicht arbeitsfähig ist, der Rentenversicherungsträger aber verminderte Erwerbsfähigkeit noch nicht festgestellt hat.
Sie geben an, dass Sie nach einem Attest der Agentur für Arbeit dem Arbeitsmarkt nur noch unter 15 Std./Woche zur Verfügung stehen. Eine Zahlung von Arbeitslosengeld im Wege der Nahtlosigkeitsregelung scheint daher nicht ausgeschlossen.
Die Arbeitslosenversicherung übernimmt damit bereits nach geltendem Recht ein nicht unerhebliches Versicherungsrisiko, das über ihre eigentliche Zielbestimmung hinausgeht. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt hat, ist der Arbeitnehmer dem System der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet; eine Übernahme des Risikos durch die Arbeitslosenversicherung kommt nicht mehr in Betracht. Daher sieht die Nahtlosigkeitsregelung vor, dass die Agentur für Arbeit den Arbeitslosen unverzüglich aufzufordern hat, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen (vgl. § 125 Abs. 2 SGB III).
Sie haben dann einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, wenn Ihre Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen in einem bestimmten Ausmaß auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gemindert ist. Nach geltendem Recht wird eine volle Erwerbsminderungsrente gewährt, wenn Sie dem allgemeinem Arbeitsmarkt weniger als 3 Stunden täglich zur Verfügung stehen können. Eine teilweise Erwerbsminderungsrente wird gewährt, wenn Sie dem allgemeinem Arbeitsmarkt 3 bis weniger als 6 Stunden täglich zur Verfügung stehen können. Der Rentenversicherungsträger hat im Antragsverfahren zudem zu prüfen, inwieweit die Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wieder hergestellt werden kann, damit der Lebensunterhalt selbst bestritten wird.
Falls das Erfordernis von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben anerkannt wird, schließt dies gem. § 22 Abs. 2 SGB III Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus. Die BA darf allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben einschließlich der Leistungen an Arbeitgeber und der Leistungen an Träger nur erbringen, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist. Dies gilt auch für die Förderung der beruflichen Weiterbildung.
Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis mit Ihrem Arbeitgeber - ohne Zahlung der Bezüge - weiter fortbesteht. Sie sollten daher prüfen lassen, ob im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Maßnahmen durchgeführt werden können, um für Sie den bestehenden Arbeitsplatz im Sinne einer entgeltlichen Beschäftigung zu erhalten. Die Ablehnung solcher Leistungen - allein unter Hinweis auf Ihr Alter ist nicht zulässig.
Möglich wäre hier eine Ihre Behinderung berücksichtigende Arbeitsplatzausstattung, aber auch an eine qualifizierende Weiterbildung für die Beschäftigung auf dem bisherigen oder auf einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb. In Betracht zu ziehen ist auch eine Kombination verschiedener Maßnahmen. Die Entscheidung über die im Einzelfall erforderliche Leistung zur Teilhabe trifft der jeweils zuständige Rehabilitationsträger.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen allgemeinen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Soweit Sie eine Einzelfallberatung wünschen, rege ich an, einen Termin bei der zuständigen Agentur für Arbeit bzw. beim Rentenversicherungsträger zu vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Zimmer, MdB