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Matthias Zimmer
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Frage von Thomas S. •

Frage an Matthias Zimmer von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Zimmer,

ich wende mich an Sie mit einer ganz grundsätzlichen Frage zum Thema Demokratie und der Handlungsfähigkeit dieser Nation im ganzen.

Der Fall Sarrazin und viele ungezählte einzelne Fragen daraus zeigt doch eines überdeutlich: in vielen Punkten erwarten nahezu alle Bürger im Land konsequente, schnelle oder umfassende Handlung der Politik. Oftmals werden nahezu gleichzeitig "die Politik" und "die Politiker" bezichtigt, einfach nichts zu tun oder nicht bzw. zu spät zu handeln. Sei es beim Thema Bildung oder Justitz, Polizei oder Integration. Leider wird weder in Funk & Fernsehen, noch in der Presse vernünftig herausgearbeitet, das die jeweilige Bundesregierung (egal welcher coleur) von Berlin aus sogut wie nichts unternehmen kann. Was quasi immer folgt, ist eine bundesweite Debatte und das Diskutieren als willkommener Zeitvertreib für alle, und den Illners, Wills, Plasbergs und Co. beschert eine solche Landesweite "ja-da-müssen-wir-was-machen" Diskussion traumhafte Einschaltquoten.

Faktisch aber werden die Weichen in den Bundesländern einzeln - Stück für Stück unterschiedlich entschieden. Wir leisten uns 16 Bildungssysteme, 16 Justitzhoheiten, 16 Länderpolizeien und 16 völlig unterschiedliche Bremsklötze, bundesweite Belange auch endlich bundesweit entscheiden zu können. Integration ist immer noch Ländersache und nicht Bundessache - jedenfalls in weiten Teilen dank unseres überholten und völlig zerfransten Föderalismus.

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass die Länderkompetenzen in Sachen Bildung und Justitz überdacht werden sollten?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Sievers,

nein, ich teile Ihre Auffassung nicht. Zum einen aus historischen Gründen: Der Bund ist eine Schöpfung der Länder, und nicht umgekehrt. Das hatte aus der deutschen Geschichte heraus auch einen guten Grund. Die Kompetenzen der Länder sind über viele Jahre ausgehöhlt worden, es ist nur noch recht wenig übrig. Allenthalben wird darüber nachgedacht, dieses und jenes zu vereinheitlichen, und das geht eben nur über eine Stärkung der Bundeskompetenzen.
Ich meine aber, und das ist mein zweiter Einwand: Wenn wir es mit dem Prinzip der Subsidiarität in Europa ernst meinen müssen wir doch wenigstens sicherstellen, dass es uns auch in der innerstaatlichen Politikgestaltung gelingt. Mit anderen Worten: Je näher die Entscheidungen bei den Menschen getroffen werden, desto besser. Aus dieser grundsätzlichen Überlegung heraus würde ich gerne die Länderkompetenzen stärken. Der Weg zu zentralistischen Strukturen beginnt immer mit der Behauptung höherer Effizienz. Er endet dann aber auch häufig mit Lebensferne und Entfremdung der Politik von den Menschen. Von daher also: Auch wenn es manchmal etwas komplizierter ist sollten wir den Föderalismus eher stärken als schwächen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Zimmer