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Matthias Zimmer
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Frage von Stefan M. •

Frage an Matthias Zimmer von Stefan M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Zimmer,

Könnten Sie bitte Stellung nehmen zum Fall Sarrazin? Bitte gehen Sie hierbei insbesondere auf folgende Themen ein:

- Bitte kommentieren Sie die politische (Vor-)Verurteilung Herrn Sarrazins ohne inhaltliche Außeinandersetzung mit den von ihm grundsätzlich aufgezeigten Missständen und Problemen. Wie ist dies mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und den Grundregeln politischer Diskussion vereinbar?
- Bitte kommentieren Sie die Einflussnahme der Politik auf Personalentscheidungen der Deutschen Bundesbank
- Bitte erläutern Sie, wie Sie dazu beitragen wollen, eine ideologiefreie und faktenbasierte politische Aufarbeitung und Überprüfung der bisherigen Einwanderungs- und Integrationspolitik anzustoßen und gegebenenfalls Änderungen gegenüber der bisherigen Praxis umzusetzen
- Bitte erläutern Sie, wie Sie eine Neubesetzung des nach einer eventuellen Entlassung Herrn Sarrazins vakanten Vorstandspostens bei der Deutschen Bundesbank allein aufgrund objektiver fachlicher Kompetenz und nicht aufgrund (partei)politischer Kriterien sicherstellen wollen

Vielen Dank,
Stefan Moosmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Moosmann,

ich gestehe, dass ich mir im Fall Sarrazin schwer tue, was nicht zuletzt auch damit zusammenhängt, dass ich sein Buch (noch) nicht kenne. Dass die erste Auflage schon zwei oder drei Tage nach dem Erscheinen ausverkauft war spricht ja auch für eine gute PR-Arbeit, die vielleicht der öffentlichen Diskussion insgesamt nicht so gut getan hat. Aber zu Ihren Fragen:

1. Ich habe den Eindruck, dass der Hinweis auf Integrationsdefizite durchaus geteilt wird, und auch die beschriebenen Maßnahmen (Bildung, und das so früh wie möglich) weitgehend unstrittig sind. Die Diskussion hat sich auf wenige Aspekte konzentriert, die einer konstruktiven Auseinandersetzung eher entgegen steht. Dazu haben nicht zuletzt missverständliche Äußerungen des Autors selbst beigetragen. Sein Anliegen aber mit dem Verweis auf diese Äußerungen als erledigt zu betrachten, finde ich falsch.

2. Die Mitglieder des Vorstands werden durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung bestellt. Dabei stehen die Mitglieder des Vorstands in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis. Das begründet besondere Pflichten. Wenn ich etwa im Beamtengesetz lese, dass Beamte in ihren politischen Äußerungen "Mäßigung und Zurückhaltung" auferlegt ist und sie auf das Wohl der Allgemeinheit Bedacht nehmen müssen, dann gilt das noch viel mehr für eine Institution wie die Bundesbank, die ein hohes Ansehen genießt. Als Finanzsenator stand Sarrazin in der politischen Auseinandersetzung, und da gehört die Zuspitzung dazu. Das ist in seiner Position als Vorstand der Bundesbank nicht mehr der Fall. Insofern ist die "Einmischung der Politik" (also die öffentliche Diskussion) durchaus legitim. Eine andere Frage ist jedoch, ob seine Positionen ausreichen, eine Entlassung zu rechtfertigen. Da empfehle ich abzuwarten, bis sich die Erregungswellen der öffentlichen Debatte abgekühlt haben.

3. Ich selbst komme aus Frankfurt am Main, eine Stadt, die eine vorbildliche Integrationspolitik macht. Dazu gehört eben auch, wie Sie richtig schreiben, dass man ideologiefrei und faktenorientiert an die Probleme geht. Und dazu gehört auch, dass man nicht polarisiert. Ich habe selbst muslimische Gemeinden besucht, die sich vorbildlich um Integration bemühen, etwa durch Hausaufgabenhilfe für Kinder oder dadurch, dass man den Frauen Hilfestellungen anbietet und damit vielleicht auch allzu starre Rollenbilder aufbricht. Ich kenne Projekte vor Ort, in denen Migrantinnen über Netzwerke anderen Migrantinnen helfen in einer für sie fremden Umgebung zurecht zu kommen - und dabei immer wieder den Wert der Bildung für die Kinder hervorheben. Wir haben Vereine, die hervorragende Integrationsarbeit leisten und gegenseitige Vorurteile abbauen. Es sind aus meiner Sicht für die Integration eben nicht so sehr die Leuchttürme der öffentlichen Debatte, sondern die Mühen der Ebene entscheidend.

4. Mitglieder des Vorstands der Bundesbank müssen eine besondere fachliche Eignung besitzen. Die ist bei allen Debatten auch für Thilo Sarrazin unzweifelhaft gegeben. Aber die Bundesbank ist kein politikferner Ort, in der lediglich alternativlose Sachentscheidungen exekutiert werden, sondern sie ist eng in die Politik verwoben. In einem solchen Umfeld bedarf es auch einer gewissen politischen Sensibilität. Deswegen halte ich es für legitim, neben der fachlichen Kompetenz auch die Fähigkeit, in einem komplexen politischen Umfeld angemessen agieren zu können, als Einstellungskriterium für einen Vorstand der Deutschen Bundesbank zu berücksichtigen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Zimmer