Frage an Matthias Zimmer von Stephan E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr Zimmer,
der Afghanistaneinsatz der Bundeswehr ist in Anbetracht der Rechtsunsicherheit für die Beteiligten nicht mehr verantwortbar.
Welche Haltung haben Sie hierzu?
Die Amerikanischen Soldaten unterstehen nicht dem internationalen Gerichtshof - deutsche Soldaten sind neben dem deutschen, dem europäischen auch dem internationalen Gerichtshof verantwortbar - damit sind drei Klagewege für Geschädigte und deren Vertretern offen.
Welche Gefahr geht von den Bürgern Afghanistans aus, das eine militärische Besetzung - ein Nato-Kriegseinsatz rechtfertigt?
Die aktuelle Flugzeuggefahr hat mit Afghanistan wenig zu tun. Die Verknüpfung in die Al-Aqeda Terror Organisation wird stark strapaziert und kann jederzeit für Rechtfertigung und Rechtsbeugung verwendet werden.
Mit freundlichem Gruss
Stephan Emmel
Sehr geehrter Herr Emmel,
vielen Dank für Ihre Nachfrage vom 30.12.2009, in der Sie sich kritisch mit dem Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auseinandersetzen.
Vor dem Eingreifen der internationalen Gemeinschaft bestand in Afghanistan eine durch die Taliban errichtete Schreckensherrschaft, in der auch fundamentalste Menschenrechte missachtet wurden. Darüber hinaus war Afghanistan ein Rückzugsraum und Trainingsgebiet für Extremisten, die mit Ihrer Gewalt alle liberalen Gesellschaften bedrohten. Aufgrund der weitreichenden Verquickung zwischen der Taliban-Regierung und Al-Qaida wurde den USA in der Folge der Anschläge vom 11. September 2001 vom UN-Sicherheitsrat das Recht auf Selbstverteidigung zuerkannt. Der folgende Einsatz amerikanisch geführter Streitkräfte in Afghanistan hatte den Sturz der Taliban zur Folge. Seither engagieren sich verschiedene Nationen im Land in dem Bestreben, den Terrorismus zurückzudrängen und rechtsstaatliche Strukturen zu etablieren. Das übergreifende Ziel des Einsatzes ist es, die afghanischen Behörden in die Lage zu versetzen, selbst für Sicherheit und Stabilität in ihrem Land zu sorgen.
Ich habe Verständnis dafür, dass man nach vielen Jahren die Frage stellt: Wie lange denn noch?
Ein Rückzug der Bundeswehr zum jetzigen Zeitpunkt würde lediglich dazu führen, alle Fortschritte, die bisher gemacht worden sind, in Frage zu stellen. Im Falle eines Endes des Engagements der internationalen Streitkräfte, würde das Land innerhalb kürzester Zeit wieder zu einer Ausbildungsstätte für Terroristen werden. Durch einen Rückzug würden wir alle Afghanen im Stich lassen, die sich keine Rückkehr in das Mittelalter und zu den Gewaltorgien der Taliban wünschen. Deutschlands Glaubwürdigkeit als ehrlicher Vertreter humanitärer Grundwerte stünde zur Disposition, wenn wir uns im Angesicht solcher Perspektiven unserer Verantwortung entziehen würden.
Die Afghanistan-Konferenz wird die Grundlage für das weitere Vorgehen im Land aufzeigen. Das vorrangige deutsche Ziel, die Verantwortung auf die afghanischen Autoritäten zu übertragen, wird dort präzisiert werden. Wir setzen uns bei der Konferenz erstmalig für einen konkreten zeitlichen Horizont des militärischen Abzugs ein. Ich selbst bin davon überzeugt, dass wir dies ohne Hast, aber in gebotener Eile machen sollten. Afghanistan ist kein deutsches Mandatsgebiet, sondern soll von einer legitimen Regierung effektiv regiert werden. Dass dies nicht notwendigerweise in westlich-demokratischen Strukturen erfolgen muss, darauf hat auch Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg hingewiesen.
Die neu gewählte afghanische Regierung muss verstärkt durch die internationale Gemeinschaft in die Pflicht genommen werden. Viele Problemfelder, wie Korruptionsbekämpfung und Etablierung staatlicher Strukturen liegen in der Verantwortung der afghanischen Regierung. Dies sind keine Aufgaben, die Militär bewerkstelligen kann. Nur wenn sich die Menschen in Afghanistan diesen Prozess zu Eigen machen, hat das Land langfristig eine Perspektive. Wir werden die Regierung nach Kräften bei diesen Aufgaben und der Bildung von Vertrauen in der Bevölkerung unterstützen.
Wir nehmen die Frage des Wiederaufbaus in Afghanistan außerordentlich ernst und unterliegen bei unserer Analyse der Situation keinerlei ideologischen Denkbarrieren. Gleichzeitig versuchen wir der hohen Verantwortung gerecht zu werden, die wir für die afghanische Bevölkerung übernommen haben und die weiterhin Vertrauen in unsere Arbeit setzt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Matthias Zimmer, MdB