Matthias Schlörholz
ÖDP
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Frage von Felix S. •

Frage an Matthias Schlörholz von Felix S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Schlörholz!

Ich war im Jahr 1998 und 2001 für ARC Domführer in Speyer und habe dabei bei der Begehung der Türme des Domes die Silhouette eines Atomkraftwerkes gesehen, meines Wissens das AKW Philippsburg. Der Oberrhein ist ja ein Grabenbruch und damit eine geologische Störzone, wo Erdbeben auftreten können. Zusätzlich ist die Region für Weinbau und Landwirtschaft wichtig und hat bedeutende Zentren, wie Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe im Umfeld, so dass ein Störfall mit radioaktiven Fall out große Folgen haben würde.
Problematisch ist ja schon der strahlende Staub des Uranbergbaus und das strahlende Abwasser von Wiederaufbereitunsganlagen.
Der Atommüll wird uns in die Zukunft länger beschäftigen, als wir in Richtung Vergangenheit Geschichtsschreibung haben.
Wie bewerten Sie diese Gefahren und was schlagen Sie vor, um eine für die Umwelt und die Verbraucher sichere Stromerzeugung zu schaffen?

Mit bestem Gruß, Felix Staratschek

Antwort von
ÖDP

sehr geehrter Herr Staratschek,

es ist richtig, dass das AKW Philippsburg in einer geologisch aktiven Zone liegt - ähnlich wie die übrigen AKWs im Rheingraben auch. Somit sind diese AKWs einer zusätzlichen Gefahr - nämlich die von Erdbeben - ausgesetzt. Meines Erachtens ist dies aber "nur" eine Gefahr von vielen. Ich sehe in einem Erdbeben - selbst nach den Ereignissen in Japan - gar nicht die größte Bedrohung. Vielmehr sind es die kleinen, "kalkulierbaren" Geschehnisse, die auch in Japan zu einer Katastrophe geführt haben: Sicherheitseinrichtungen sind reihenweise ausgefallen, Notstromversorgungen waren angesichts einer zerstörten Infrastruktur zu schwach ausgelegt, Sicherheitskonzepte haben offensichtlich nicht gegriffen, ... Jetzt ist aus der Presse zu lesen, dass es bereits im Vorfeld Versäumnisse gab. Von solchen "Pannen" oder auch von gezielten, terroristischen Anschlägen geht eine sehr viel größere Gefahr aus als von Erdbeben. Aber auch Naturkastrophen bleiben natürlich eine immerwährende Gefahr für jede technische Anlage.

Um die Gefahr einmal zu verdeutlichen: Sollte sich eine ähnliche Katastrophe ereilen wie in Japan, wäre ein zerstörter Weinbau noch unsere kleinste Sorge! Spannen wir im Vergleich eine gleich große Evakuierungszone um Philippsburg, wären Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen schlicht unbewohnbar, Millionen Menschen ohne Obdach und mittellos. Eine der wichtigsten Wirtschaftsregionen in Deutschland wäre nicht mehr existent, die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft nicht absehbar. - So einfach lässt sich das realistisch umschreiben.

Aber malen wir den Teufel nicht an die Wand. Als Wissenschaftler habe ich das Vertrauen, dass unsere Techniker und Ingenieure in Lage sind, innerhalb eines gewissen Restrisikos technische Anlagen realisieren können. Wem ich jedoch nicht vertraue sind die Menschen, die allein von einer Gewinnoptimierung getrieben sind und dabei eine unglaubliche Verantwortungslosigkeit offenbaren - egal, ob beim Betrieb eines Atomkraftwerks oder z. B. im Umgang mit großen Kapitalmengen! Und hier reden wir nicht über ein Restrisiko, hier reden wir über die Realität!

Für eine Energiewende sind zwei Dinge wichtig: Zum einen der Ausbau nachhaltiger Energiequellen. Die bedeutet jedoch gleichzeitig eine Dezentralisierung und damit eine Neuordnung des Energiemarkts. Das wiederum ist nicht im Interesse der großen Energiekonzerne, was gleichzeitig den Widerstand gegen eine konsequente Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte erklärt.

Der zweite wichtige Punkt hin zu einer ökologischen Energieversorgung ist der Wille und das Bewußtsein jedes einzelnen, die verfügbaren Energie effektiv und schonend zu nutzen. Sprich: Wir alle sind aufgefordert, jeden Tag neu zu überlegen, wo ich Energie sparen kann, und wie ich meine Enegie sinnvoll einsetze.

Ich hoffe, Ihre Frage beantwortet zu haben,
viele Gruesze
Matthias Schloerholz