Frage an Matthias Miersch von Stephan G. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Miersch,
bezüglich der fehlgeschlagenen Einführung der Benzinsorte mit bis zu 10% Bioethanol hätte ich einige Fragen.
1. Wer ist für die Verhängung der Strafzahlung bei Nichterreichung des gesetzten Zieles zuständig?
2. Welche Kontroll- und Einflussfunktion hat der Deutsche Bundestag in dieser Angelegenheit?
3. Wie wird sichergestellt, dass diese Zahlung auch von denjenigen geleistet wird, die damit bestraft werden sollen und nicht von den Verbrauchern? oder
4. Nehmen Sie billigend in Kauf, dass die Zeche am Ende vom Verbraucher gezahlt wird? Ist es eventuell von vornerein vorgesehen gewesen, die Bürger über Strafzahlungen zu mehr Klima- und Umweltschutz anzuhalten?
5. Welche Mitschuld tragen Politik und Verwaltung bei der nicht geglückten Einführung. Laut Ergebnisse des "Benzin-Gipfels" vom 8. März 2011 hat sich die Bundesregierung verpflichtet, die Aufklärung der Öffentlichkeit über den Beitrag von E10 zum Umwelt- und Klimaschutz sowie zur Ressourcenschonung zu verstärken und entsprechende Informationsangebote bereitzustellen.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen, auch und vor allem an Ihre Mitarbeiter.
Mit freundlichem Gruß
Stephan Gurke
Sehr geehrter Herr Gurke,
vielen Dank für Ihre Frage hier auf Abgeordnetenwatch. Ich werden sie der Reihe nach beantworten.
Zu 1: Grundsätzlich regelt das „Biokraftstoffquotengesetz“ die Frage der Strafzahlungen. Daher finden Sie im zweiten Abschnitt des BImSchG (§§ 37a-d) - Biokraftstoffe - die Bestimmungen zu Inverkehrbringen, Regulierung und Überwachung etc. von Biokraftstoffen. Es ist als Biokraftstoffquotengesetz bekannt und wurde in der 16. WP in 2008 zum letzen Mal geändert (Drs. Nr. 16/8150). In § 37d Abs. 1 wird als zuständig für die Regulierung und Strafzahlungen eine Stelle im Bundesfinanzministerium benannt. Die Strafzahlungen selbst sind in § 37c/Mitteilungs- Abgabepflichten in Absatz 2 festgelegt.
Zu 2: Der Bundestag als legislatives Organ hat das Gesetz beschlossen und vertraut darauf, dass die Bundesregierung als Exekutive das Gesetz umsetzt. Wollten wir daran etwas ändern, müssten wir das Gesetz ändern und z.B. Berichtspflichten der Bundesregierung an den Bundestag einführen. Wir können uns natürlich auch im Umweltausschuss jederzeit von der Bundesregierung Bericht über den Vollzug des Gesetzes erstatten lassen. Bis das Gegenteil bewiesen ist gehe ich allerdings davon aus, dass die Bundesregierung die Einhaltung des Gesetzes und notfalls auch die Zahlung von Strafen durchzusetzen weiß.
Zu 3. Laut § 37 a Abs. 2 sind die Ölfirmen "Verpflichtete", die im Sinne des Energiesteuergesetzes Steuern zahlen müssen und den Verpflichtungen über die Mitteilungs- und Abgabepflichten nachzukommen haben. Inwieweit diese die "Strafzahlungen", also die Abgabe auf die Preise umlegen und damit die Verbraucher treffen, kann der Bundestag zunächst leider nicht beeinflussen.
Zu 4: Wie Sie den Medien entnehmen können hat sich die SPD schon seit einiger Zeit klar positioniert: Wir verurteilen eine Umlage möglicher Strafzahlungen auf den Verbraucher und prangern an, dass die Misere hausgemacht ist. Erst auf Grund der absolut mangelhaften Informationspolitik der Ölfirmen und auch einiger Autohersteller kam es zu einer Blockadehaltung der Verbraucher gegenüber E10. Die potentiellen Kosten dieser Blockade nun wiederum den Verbrauchern über höhere Spritpreise aufzubürden geht nicht. Gleichzeitig ist aber auch offensichtlich, dass der Weg zu einer umweltfreundlicheren Mobilität nicht nur über Öko-Sprit führen kann. Wir müssen Anreize schaffen, den Verbrauch insgesamt drastisch zu verringern. Den Bürger dazu über Strafzahlungen zu motivieren halte ich aber für völlig verfehlt.
Zu 5: Mit der Durchführung des E10-Gipfels hat die schwarz-gelbe Bundesregierung nur bewiesen, dass sie den Ereignissen hinterherläuft. Das Kind war zu dieser Zeit schon längst im Brunnen und eine Aufklärungskampagne hätte im Vorfeld der Einführung starten müssen. Politik muss eben nicht nur entscheiden, sondern auch erklären. Ich denke, hier hat sowohl die Bundesregierung in ihrer Informationspflicht versagt, als auch die an der Einführung nicht sonderlich interessierten Öl- und Autofirmen. Gleichzeitig muss man aber auch feststellen, dass gesellschaftliche Verbände wie etwa Automobil-Clubs das Thema erst sehr spät aufgegriffen haben. Hier hapert es also noch an beiden Seiten: Offizielle Informationsangebote müssen stark ausgebaut werden, während es von Seiten der Industrie und der beteiligten gesellschaftlichen Gruppen eine größere Bereitschaft braucht, sich dem Thema E10 zu öffnen. Ich möchte aber nochmal betonen, dass wir uns nicht mit E10 aufhalten sollten. Vielmehr müssen wir größere Schritte in Richtung eines emissionsärmeren Verkehrs gehen und dafür den grundsätzlichen Benzinverbrauch radikal senken.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch