Frage an Matthias Güldner von Andreas K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Güldner,
bezugnehmend auf Ihre recht drastischen Äußerungen zum Fall Sarazin und seinem Verbleib in der SPD auf Ihrer Web-Seite halte ich die Frage freier Meinungsäußerungen auch und gerade in demokratischen Parteien für unabdingbar. Die SPD hat sich distanziert, ohne Sarrazin auszuschließen - das sollte dann reichen, denn der Mann hat für die Partei auch durchaus Verdienste. Wie würde Ihre Partei z. B. mit einem Grünen-Mitglied umgehen, der bei allem Risiko von Kernkraft diese für immernoch langfristig vertretbar hielte ? Ausschließen ? Nun aber meine eigentliche Frage: Das Äußerungen wie die des Herrn Sarrazin auf fruchtbaren Boden fallen, hat m. E. auch damit zu tun, dass u. a. auch die Bremer Politik z. B. in Sachen Miri-Clan sowohl in Hinsicht des polizeilichen Umgangs und der Konsequenzen der kriminellen Mitglieder des Clans wenig wirksam ist und war. Sind Sie und Ihre Partei zukünftig willens und in der Lage hier deutliche und konsequente Zeichen zu setzen und im Rahmen einer Null-Toleranz-Politik gegenüber dieser kriminellen Gruppe vorzugehen und dadurch auch den Nährboden gefährlicher Verallgemeinerungen in bezug auf Migranten die Baisis zu entziehen ?
Sehr geehrter Herr Krause,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zur ersten Frage bezüglich Herrn Sarrazin: Vor mir liegt ein Plakat der NPD, auf dem sie mit einem Originalzitat aus dem Buch von Herrn Sarrazin wirbt. Darüber kann sich Herr Sarrazin nicht beschweren. Sein Buch ist voll von Aussagen, die absolut zur NPD oder zur Neonazi-Szene passen würden. Meines Erachtens gibt es in diesem Fall sehr wohl eine Unvereinbarkeit mit dem Programm der SPD. Auf irgendetwas müssen sich die WählerInnen doch verlassen können, wenn Parteien ihr Wahlprogramm aufstellen. Bekomme ich, wenn ich SPD wähle, Völkerverständigung und Toleranz oder Hasstiraden und Rassentheorie? Um hier Klarheit zu schaffen, hätte meines Erachtens die SPD Sarrazin zwingend ausschließen müssen.
Ganz peinlich ist die Reaktion der Bremer SPD, die sich entweder drückt (Parteivoritzender Bovenschulte fordert nur "ein Ende der Debatte"), oder dem SPD-Verbleib Sarrazins zustimmt (Bürgermeister Böhrnsen: "ich habe keinen Anlass, den Ausgang des Schiedskommissionsverfahrens zu kritisieren").
Zur zweiten Frage bezüglich der gewalttätigen Clans:
Hier gebe ich Ihnen weitgehend recht. Eine der herausragenden Funktionen des Staates ist die, seine BürgerInnen zu schützen und alles dafür zu tun, dass sich Recht und Gesetz und diejenigen, die sich daran halten, nicht unter die Räder von Gewalt, Willkür und Angst kommen. Allen Versuchen, im Kleinen, wie zum Beispiel auf Schulhöfen, oder im Großen, wie zum Beispiel bei organisiertem Drogen-, Menschen- und Waffenhandel, sich die Stadt und ihre Menschen zu unterwerfen, muss entschieden widerstanden werden. Mein Eindruck als langjähriger Innenpolitiker ist, dass sich die Polizei hier ihrer Aufgabe sehr wohl bewusst ist. Das gilt aber leider nicht für alle staatlichen Stellen und schon gar nicht für eine entschiedene und effektive Zusammenarbeit aller Behörden. Hier muss noch viel getan werden, um zu verhindern, dass die eine Behörde aufbaut, was die andere mit dem Allerwertesten dann wieder einreist. Ich werde mich dafür einsetzen, dass hier in der nächsten Wahlperiode echte Fortschritte erzielt werden und nicht nur Papier mit guten Absichten bedruckt wird. Die Justiz ist als vierte Gewalt unabhängig von politischer Einflussnahme. Deshalb hoffe ich hier auf ein Umdenken von innen heraus, dass es sich bei den extremen Gewalttaten in Bremen nicht um verzeihliche Jugendsünden handelt.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Güldner, Fraktionsvorsitzender