Frage an Matthias Dietrich von Johannes B. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dietrich!
Zur letzten Landtagswahl habe ich auf Awatch gelesen, dass Sie sich mit dem Thema Recycling befasst habe. Seitdem haben mehrere Meldungen die Vorteile von Recycling bestätigt, dass dieses preislich günstiger als Verbrennung ist ( http://bit.ly/grzR5F ) und dass neue Verfahren immer besser werden um den Müll gut zu sortieren (letzte Meldung http://bit.ly/h8GPUJ ).
Wie stehen Sie zur Müllverbrennung? Bei den Grünen habe ich Aussagen gefunden, die die Müllverbrennung tolerieren (hier auf Seite 24 http://bit.ly/hBEmMt ). "Eine energetische Nutzung von Abfällen ist sinnvoll", schreiben die Grünen, wenn eine stoffliche Verwertung nicht möglich ist. Leider sagen sie nicht, was damit genau gemeint ist. "Nach der Abfalltrennung übrig bleibende Sortierreste können in anspruchsvollen Müllverbrennungsanlagen (MVA) nicht nur energetisch zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden, auch die Nebenprodukte der Müllverbrennung sind weiter verwendbar. So lassen sich schon heute Schlacken mit einer Qualität erreichen, die zumindest einen eingeschränkten offenen Einbau z.B. im Straßenbau zulassen." Meinen sie auch, dass die Schlacken aus der Müllverbrennung mit allen möglichen Inhaltsstoffen, die bei der Molekülmischung in der MVA entstehen, als Straßenbelag flächendeckend er Verwitterung ausgesetzt werden dürfen? "Bündnis 90/Die Grünen sehen aber in der Müllverbrennung nach wie vor auch ein Gefahrenpotenzial, weil immer noch viele Aspekte der toxikologischen Wirkung der MVA-Emissionen ungeklärt sind. Niemand weiß, wie die unzähligen Reaktionsprodukte von Radikal- und Radikalkettenreaktionen, die bei der Müllverbrennung entstehen, langfristig wirken" schreiben die Grünen in ihrem Text. Muss man bei dieser Erkenntnis bei den MVA nicht das gleiche wie bei den AKW fordern: Abschalten?
Wie stellen Sie sich eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft vor? Haben Sie bessere Vorschlage, als ich sie hier gefunden habe?
Mit herzlichen Grüßen,
Johannes Betz
Sehr geehrter Herr Betz,
als vor einigen Jahren aufgrund fragwürdiger gesetzlicher Bestimmungen Müllverbrennungsanlagen (MVA) geplant und gebaut wurden, habe ich dagegen protestiert. Zum einen schien mir das Recycling-Potenzial nicht ausgeschöpft. Beispielsweise wurde das Vorhandensein der Technologie des Kryo-Recyclings von den MVA-Befürwortern verschwiegen, so dass auch keinerlei Anstalten gemacht wurden, Pilotprojekte zu entwickeln und schließlich das Kryo-Recycling auch in der Breite umzusetzen. Obwohl abzusehen war, dass MVAs der Müllvermeidung zuwiderlaufen würden, weil die Auslastung gesichert werden musste, und giftige Reststoffe entstehen würden, hielt man an den MVAs fest. Die MVA-Betreiber hofften auf ein lukratives Geschäft und versuchten die Wirtschaftlichkeit dadurch zu erhöhen, dass sie bei der Filtertechnik zu sparen suchten. Die Ermöglichung der "energetischen Verwertung" ließ den irrigen Eindruck aufkommen, als sei diese ähnlich sinnvoll wie eine Verwertung durch Recycling. Die Verwirrung wurde dadurch gesteigert, dass der "Grüne Punkt" auf Verpackungen aus verschiedenen Materialien aufgedruckt wurde und für die Verbraucher schwer nachvollziehbar war, was in die "Gelbe Tonne" bzw. den "Gelben Sack" gehörte. Angesichts der geforderten Mülltrennung war die "Gelbe Tonne" bzw. der "Gelben Sack" schließlich für Kunststoffabfälle gedacht. Nicht jede Kunststoffverpackung trug jedoch den "Grünen Punkt", so dass sich den Verbrauchern die Frage stellte, ob auch Verpackungen ohne "Grünen Punkt" in die "Gelbe Tonne" bzw. den "Gelben Sack" gehörten. Besser als eine solche verwirrende Trennung wäre die Trennung, die sich allein am Material orientiert. Bei dem Recycling von gemischten Kunststoffen sollte angestrebt werden, dass das Recyclingprodukt sortenrein ist. Sonst handelt es sich nämlich um "Downcycling", d. h. das Material kann nur noch für minderwertige Produkte wie z. B. Kunststoff für Parkbänke verwendet werden. Sortenreines Recyling ließe sich mit Tiefkühl-Recycling, "Kryo-Recycling" genannt, erzielen.
Obwohl heute eigentlich Müllvermeidung und in begrenztem Maße - wegen moderner Sortieranlagen - Mülltrennung nach Materialien angesagt wären, ist das Interesse eher auf die Auslastung der MVAs ausgerichtet. Insofern wäre "abschalten" der richtige Weg, zumal die Energiebilanz der MVAs wegen der ungünstigen Müllzusammensetzung und der Energieintensität der Kunststoffe, die nicht einfach nur "schnittfestes Erdöl" sind, nicht gut ist. Grundsätzlich ist unsere heutige Wegwerfgesellschaft zu hinterfragen und eine Kreislaufwirtschaft anzustreben, die wirklich nachhaltig ist. Dann ließen sich zu verbrennende Abfälle minimieren oder vielleicht sogar ganz vermeiden - ich bin diesbezüglich kein Experte. Dies scheint mir zielführender zu sein, als sich aufwändig mit Verwendungsmöglichkeiten der Schlacke zu befassen.
Mit freundlichem Gruß
Matthias Dietrich