Frage an Matthias Bartke von Dr.med.Richard H. bezüglich Frauen
Werden Sie im nächsten Bundestag, wenn es zur Abstimmung über das "Nordische Modell" kommt ( Bestrafung der Freier, Straffreiheit für die Prostituierten und Ausstiegshilfen, sowie Aufklärung der Öffentlichkeit über die Schädlichkeit der Prostitution als Menschenrechts- u. Menschenwürdeverletzung Art.1 GG ) , für das "NORDISCHE MODELL stimmen ?
Mit freundlichen Menschenrechte und Menschenwürde Art 1 GG achtenden Grüßen Dr. med. Richard Heil
Sehr geehrter Herr Dr. Heil,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage!
Ich bin in meiner Fraktion für den Opferschutz zuständig und habe mich daher intensiv mit den Vor- und Nachteilen des Nordischen Modells befasst. Zunächst war ich geradezu begeistert davon, weil es einfach ist und auf den ersten Blick einleuchtet. Aber wie das manchmal mit zunächst einleuchtenden Lösungen ist: Am Ende hat dieser Ansatz meinem kritischen Blick nicht standgehalten.
So ist in Schweden die Prostitution vordergründig zwar von den Straßen verschwunden. Aber faktisch ist sie in den Untergrund gedrängt worden, so dass sich die Situation für die Frauen insgesamt verschlechtert hat. In der Praxis behandelt die Polizei die Frauen offenbar weniger als Opfer, die vor ihren Kunden gerettet werden müssen, denn als Mitwissende von Straftaten. Das führt dazu, dass sie sich aus Angst vor Strafverfolgung keine Hilfe mehr holen, wenn ihnen Gewalt und Gefahr begegnet.
In der Konsequenz suchen sich die Prostituierten jetzt immer häufiger Zuhälter zu ihrem Schutz. Eine Umfrage in Schweden hat ergeben, dass immer weniger Prostituierte Kondome nutzen, um sich vor HIV zu schützen.
Ich glaube nicht, dass es möglich ist, Prostitution durch staatliche Maßnahme zu verhindern. Das Hauptziel muss es sein, den Prostituierten möglichst niedrigschwellige Möglichkeiten zu geben, sich bei Gefahr Schutz zu suchen. Dies gilt insbesondere für Prostituierte aus Osteuropa und Afrika, die illegal ins Land geschleust wurden und teilweise unter sklavenartigen Zuständen völlig rechtlos in Zwangsprostitution gehalten werden. Ihnen hilft das nordische Modell nicht – eher im Gegenteil.
Es ist daher kein Zufall, dass sich beispielsweise Amnesty International, die Aidshilfe, die Diakonie Deutschland und die Fachstelle gegen Frauenhandel gegen das nordische Modell positioniert haben.
Bei der Novellierung des Prostitutionsschutzgesetzes in 2016 haben wir dafür gesorgt, dass Prostituierte sich anmelden müssen und dabei verpflichtend ein Anmelde- und Beratungsgespräch führen müssen. In diesen Gesprächen müssen Prostituierte über ihre Rechte aufgeklärt werden, über gesundheitliche und soziale Absicherung sowie über die Erreichbarkeit von Hilfe in Notsituationen. Gerade ausländischen Prostituierten gibt dies Ausstiegsmöglichkeiten.
Sehr geehrter Herr Dr. Heil, ich bin der Auffassung, dass das Nordische Modell den von Prostitution betroffenen Frauen eher schadet als nützt. Ich hoffe, Sie können meine differierende Sichtweise nachvollziehen.
Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund
Matthias Bartke