Portrait von Matthias Bartke
Matthias Bartke
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Matthias Bartke zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Diethard G. •

Frage an Matthias Bartke von Diethard G. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Bartke,
schön, dass sich in Fragen der Rentengerechtigkeit eine Verbesserung abzeichnet. Trotzdem gibt es berechtigte Kritiken, die das aktuelle Konzept nicht für alle gerecht erscheinen lässt. Gegenüber der Grundsicherung, die alle bekommen, unabhängig von Zahlungen in die Rentenkasse, muss sich jeder cent Einzahlung in einem höheren Alterssicherungsanspruch widerspiegeln.
Warum splittet man nicht die gegenwärtigen Zahlungen in bedingungslose Grundsicherung für alle und in einen leistungsabhängigen Anteil für Beitragszahler?
Man könnte die gegenwärtigen Beitrge splitten, in 2x 50% zum Beispiel, eine Hälfte fließt in den Grundsicherungstopf, Beiträge hierfür sind von allen auf alle Einkommen aus Arbeit und Kapital zu zahlen. Und die andere Häfte als Pflichtbeitrag für Arbeitnehmer + Freiwillige für eine leistungsabhängige Zusatzversorgung.
Vorteile:
-Grundsicherung für alle, auch für gescheiterte Selbständige und "Reiche"
-Gerechtigkeit und Würdigung von Arbeit ist gegeben, denn Zahlungen aus Arbeitseinkommen wirken sich abhängig von Zahlungsdauer und -höhe aus, sind in jedem Fall auch aus kurz und gering bezahlte Beiträgen mehr als "nichts"
-Es könnten alle Zahlungen an berechtigt Bedürftige einbezogen werden, gegenwärtige Zahlungen aus Steuermitteln könnten entfallen und dem neuen System bei Bedarf gutgeschrieben werden.
-Die Einbeziehung von allen Einkommen in die bedingungslose Grundsicherung macht sie zukunftssicher, denn das BIP steigt doch immer, unabhängig von der Bevölkerungsentwicklung.
-Deshalb ist alles auch zukunftssicher und wird den Belangen der Jungen gerecht.
Warum tut man sich so schwer damit, in anderen Ländern klappt Ähnliches doch auch?
Mütterrenten, "deutliches Mehr" sowie zu würdigende Erwersdauer erst ab 35 jahren, das bedient nur Teile der Bevölkerung zulasten anderer und, verzeihen Sie untertänigst,lässt zweifeln, ob man auch mal Mathematiker mit in die Entscheidungsfindungen mit einbezieht.
MfG

Portrait von Matthias Bartke
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Günther,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihre Überlegungen zur Grundsicherung, die ich mit Interesse gelesen habe.

Ihr Vorschlag ist ein weitreichender Umbau des gegenwärtigen Rentensystems.
Die Grundsicherung für alle, die Sie vorschlagen, gibt es bereits heute. Sie ist zwar nicht über Beiträge, aber über Steuermittel finanziert und insofern von allen Bürgern und allen Einkommen getragen. Bei allen Schwachstellen des deutschen Sozialstaats - man vergisst zuweilen, dass er im internationalen Vergleich in vielen Bereichen vorbildhaft ist. Das Existenzminimum ist für jeden Bürger und jede Bürgerin gewährleistet. Mit der Grundrente sorgen wir dafür, dass sich Arbeit auch in der Rente auszahlt.

Im Koalitionsvertrag haben wir außerdem festgehalten, dass auch die Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollen, wenn sie keine andere insolvenzsichere Altersvorsorge haben. Den Gesetzesvorschlag werden wir noch in diesem Jahr im Bundestag debattieren.

Das Grundsatzprogramm der SPD fordert, die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf alle Erwerbstätigen auszudehnen, also auch Beamte einzubeziehen. Kurzfristig kann dieses Ziel jedoch nicht verwirklicht werden, weil wesentliche Elemente der Beamtenversorgung durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützt sind. Außerdem kann der Bund seit der sog. Föderalismusreform 2006 nur noch die Versorgung der Bundesbeamten (und Berufssoldaten) regeln. Für die weitaus größere Zahl der Landesbeamten sind die jeweiligen Länder zuständig. Die zunächst erforderlichen Änderungen des Grundgesetzes bedürfen einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, die auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist.

Sie sprechen daneben einen Aspekt der Gerechtigkeit ein - jedes Jahr Einzahlung soll sich in einer höheren Rente als Grundsicherung bemerkbar machen. In der Tat ist die für die Grundrente im Koalitionsvertrag festgehaltene Mindestzeit von 35 Jahren Einzahlung erst einmal eine scharfe Grenze. Diejenigen, die zum Beispiel 34 Jahre eingezahlt haben, sind bei einer niedrigen Rente weiterhin auf Aufstockung durch die Grundsicherung angewiesen.
Wenn man Grenzen zieht, werden Einzelfälle immer ungerecht erscheinen. Dabei muss man aber auch sehen, dass zwischen dem Eintritt ins Berufsleben und der Altersrente im Durchschnitt mehr als 45 Jahre liegen, so dass auch – sogar längere – Unterbrechungen in der Erwerbsbiografie nicht zum Verlust des Anspruchs auf Grundrente führen. Außerdem werden auf die 35 Jahre Grundrentenzeiten auch Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes sowie Zeiten der Pflege (ohne tatsächlichen Beitrag) angerechnet. Dennoch werden wir im parlamentarischen Verfahren prüfen, ob die Einführung einer Stufenregel (Anspruch einer Rentenaufstockung auch bei weniger als 35 Jahren) möglich ist.

Freundliche Grüße
Matthias Bartke