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Frage von Thomas S. •

Frage an Matthias Bartke von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Bartke,

Sie haben für die Änderung der Parteienfinanzierung gestimmt. Ein Gesetz, welches ich sowohl wegen des Inhaltes und der Begründung als auch wegen der bemerkenswerten Kürze des parlamentarischen Prozesses für eigenartig finde. Wie muss ich mir erklären, dass allenthalben von Einsparungspotential durch digitale Medien gesprochen wird und sowohl von der freien Wirtschaft als auch von den Bürgern geradezu selbstverständlich erwartet wird, dass sie die Herausforderungen der digitalen Welt selbständig auf eigene Kosten meistern und die Parteien dies jedoch zum Anlass nehmen, ihre eigene Finanzierung aus Steuermitteln zu erweitern? Für mich ist dies ein Widerspruch.
Im Übrigen hat es für mich persönlich einen äußerst negativen Beigeschmack, dass eine Erhöhung der Parteienfinanzierung ohne größere gesellschaftliche Debatte wie es scheint „mal eben so schnell“ durch den parlamentarischen Prozess gebracht wurde.

Vielen Dank für Ihre Antwort.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Mail zur Parteienfinanzierung.

Ich möchte Ihnen gerne erläutern, warum ich der Ansicht bin, dass eine Änderung des Parteiengesetzes zugunsten aller politischen Parteien in Deutschland notwendig ist.

Neben Mitgliedsbeiträgen und Parteispenden erhalten Parteien in Deutschland eine staatliche Teilfinanzierung. Diese dient der Wahrung der Chancengleichheit der Parteien, damit bestimmte Parteien, die aufgrund ihrer politischen Positionen viele und hohe Spenden - etwa von finanzstarken Konzernen - erhalten, im politischen Wettbewerb nicht bevorteilt werden. Aufgrund der Parteienfinanzierung ist es außerdem möglich, dass auch mittellose Kandidaten in Wahlkämpfen antreten können. In anderen Ländern wie den USA müssen die Wahlkampfkosten von den Kandidaten getragen werden. Das ist für eine Demokratie nicht gut.

Die Kriterien für die staatliche Finanzierung sind im Parteiengesetz transparent und nachvollziehbar geregelt. Die Finanzierung der politischen Parteien ist außerdem durch eine Obergrenze gedeckelt. Seit 2013 wird diese absolute Obergrenze jährlich gemäß eines vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes angepasst. Dieser Index berücksichtigt im Wesentlichen die Inflation. Erstmals seit dem Jahr 2011 soll die absolute Obergrenze einmalig von 165 Mio. Euro auf 190 Mio. Euro erhöht werden. Denn obwohl die Parteien aufgrund von selbsterwirtschafteten Einnahmen eine Summe von mittlerweile ca. 190 Mio. Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung beanspruchen könnten, kommt diese wegen der aktuellen Höhe der absoluten Grenze nicht zum Tragen, sondern wird aktuell um etwa 27 Millionen Euro gekürzt.

Das Bundesverfassungsgericht hat 1992 in seinem Urteil zur Parteienfinanzierung die Obergrenze für „hinreichend“ erklärt, solange „die bestehenden Verhältnisse keine einschneidende Veränderung erfahren“. Ich halte die Erhöhung der Obergrenze für notwendig, da die Kriterien des Parteiengesetzes keine Kosten berücksichtigen, die den Parteien durch erhebliche Veränderungen politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen entstehen. Solche Veränderungen haben in den letzten Jahren stattgefunden. Die Meinungsbildung in unserer Demokratie findet zunehmend in einem digitalen Kontext statt. Vor allem die Feinde der Demokratie nutzen das Internet und die Sozialen Medien massiv für ihre demokratiefeindliche Propaganda, Hetze gegen Andersdenkende und die Verbreitung von "Fake News". Gezielte Kampagnen beeinflussen immer mehr im Netz nicht nur die Entwicklung der öffentlichen Meinung, sondern sie beeinflussen in entscheidender Weise mittlerweile auch den Ausgang von Wahlen.

Ich gebe Ihnen recht: Digitalisierung bringt in der Regel Einsparungen mit sich. Die Parteien haben aber den verfassungsmäßigen Auftrag, an der politischen Willensbildung mitzuwirken. Auch sie müssen zur Sicherstellung dieses Auftrages die neuen digitalen Kommunikationswege aktiv nutzen und auf den neuen Plattformen präsent sein. Die Kommunikation muss dabei gegen Cyberangriffe geschützt werden und wird dadurch technisch und finanziell gleichsam anspruchsvoller. Neue Instrumente der innerparteilichen Willensbildungs- und Beteiligung sowie anspruchsvollere Transparenz- und Rechenschaftsanforderungen erhöhen den Aufwand noch einmal erheblich. Um den Parteien die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben im Rahmen ihres Verfassungsauftrages zu ermöglichen, soll die absolute Obergrenze einmalig angehoben werden. Künftig gilt dann wieder die jährliche Anpassung nach dem Preisindex.

Bei der zu diesem Thema stattgefunden Anhörung haben alle Sachverständige und Experten bestätigt, dass die unabhängige Finanzierung für die politischen Parteien notwendig sei und sich bewährt habe. Auch die jetzt geplante Anhebung der absoluten Obergrenze um 25 Millionen sei absolut verhältnismäßig. Es wurde auch betont, dass das gegenwärtige System der staatlichen Parteienfinanzierung transparent sei und im Moment durch keine besseren Konzepte ersetzt werden könne. Die staatliche Parteienfinanzierung sei keine Selbstbedienung, das stehe den Parteien zu, um mithalten und von Spendern und wirtschaftlicher Einflussnahme unabhängig arbeiten zu können.

Sehr geehrter Herr S., ich verstehe, warum man der Verwendung von Steuergeld skeptisch gegenübersteht. Ich muss aber betonen, dass nicht nur die SPD, sondern alle – auch alle im Bundestag vertretenen – Parteien jetzt höhere staatliche Zuwendungen erhalten werden, um ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bartke