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Matthias Bartke
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Frage von Linde J. •

Frage an Matthias Bartke von Linde J. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Bartke!

„Mit einem Schienenpakt von Politik und Wirtschaft wollen wir bis 2030 doppelt so viele Bahnkundinnen und Bahnkunden gewinnen,“ heißt es im Berliner Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD.

https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/download-koalitionsvertrag-quelle-spd-100.html

Welche Möglichkeiten sehen Sie, dafür zu sorgen, dass die Deutsche Bahn diese Vorgabe auch für den Raum Hamburg tatsächlich umsetzt?

Müsste angesichts der neuen Zielvorgaben für den Bahnverkehr die von der DB Netz AG angestrebte Schließung des Fern- und Regionalbahnhofs in Altona nicht noch einmal kritisch geprüft werden?

Wie berichtet wurde, rechnet die Bahn am geplanten neuen Bahnhof am Diebsteich mit weniger Fahrgästen.

http://www.nahverkehrhamburg.de/neuer-bahnhof-altona-bahn-rechnet-mit-wenig-fahrgaesten-8233/

https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Diebsteich-Neuer-Bahnhof-weniger-Kunden,diebsteich110.html

Das legt die Vermutung nahe, dass die Kapazitäten des geplanten neuen Bahnhofs geringer sind als die des bestehenden Bahnhofs.

Wie steht es künftig mit Autoreisezügen (zur Entlastung der Straßen) und mit Nachtzügen (als Ersatz für den besonders klimaschädlichen Flugverkehr)? Stimmt es, dass all dies am Diebsteich künftig nicht mehr möglich sein wird?

Danke im Voraus für Ihre Antwort!

Mit besten Grüßen

L. J.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Jörck,

ich danke Ihnen herzlich für Ihre Fragen zur Schienenverkehrspolitik und der Verlegung des Fernbahnhofs Altona. Dieses Projekt ist für die Stadtentwicklung in Hamburg von großer Bedeutung. Hamburg ist eine wachsende Stadt. Jährlich ziehen rund 10.000 Menschen zu uns. Wachstum lässt sich nicht per Beschluss stoppen. Also müssen wir sicherstellen, dass der Bevölkerungswachstum nicht zugleich bedeutet, dass die Lebensqualität in Hamburg schrumpft. Unsere größte Herausforderung der kommenden zwei bis drei Jahrzehnte wird es sein, dass wir einen Mix aus bezahlbarem Wohnraum, effizienten Mobilitätsangeboten und genügend Raum für Freizeit und Erholung hinbekommen.
Auf den freiwerdenden Gleisflächen können nach Verlegung des Fernbahnhofs von Altona nach Diebsteich rund 1.900 neue Wohneinheiten entstehen. Zugleich ist in den Planungen vorgesehen, dass der neue Stadtteil inmitten der Stadt über viele Grün- und Parkflächen sowie eine inklusive Gestaltung der Wege, Flächen und Wohnungen verfügt. Durch seine Lage zwischen den aktuellen bzw. kommenden S-Bahn-Stationen Altona, Diebsteich, Holstenstraße und Ottensen wird das Quartier zusammen mit den benachbarten Baufeldern der Neuen Mitte und des Holstenquartiers über eine gute Schienenanbindung verfügen. Hier sind also die Kernbedingungen für eine bewohnerfreundliche Stadtteilentwicklung erfüllt.
Meines Erachtens steht die Verlegung des Fernbahnhofs Altona nach Diebsteich nicht prinzipiell einem Erreichen des übergeordneten Ziels entgegen, mehr Menschen auf die Schiene zu bekommen. Die laut Planung der Deutschen Bahn geringere Fahrgastzahl am Bahnhof Diebsteich ist darauf zurückzuführen, dass der Bahnhof Altona aktuell vor allem Nahverkehrsknoten für S-Bahnlinien und Buslinien ist und das künftig auch bleiben wird. Von den 130.000 täglichen Fahrgästen am Bahnhof Altona nutzen 117.000 Personen die S-Bahn, 13.000 Personen den Fernbahnhof. Für den neuen Standort Diebsteich kalkuliert die Deutsche Bahn mit 22.000 täglichen Fahrgästen, davon 13.800 Personen, die von der S-Bahn auf Regional- und Fernzüge umsteigen. Es wird also offensichtlich nicht mit einem Rückgang der Regional- und Fernverkehrspassagiere gerechnet.
Nachtzüge werden auch künftig weiterhin vom neuen Standort des Bahnhofs in Diebsteich fahren können. Dafür sind keine spezifischen Gleisanlagen notwendig, dafür muss sich jeweils ein Anbieter finden, der dieses Angebot wirtschaftlich durchführen kann. Eine Autoverladestation ist am neuen Standort Diebsteich laut Planungen der Deutschen Bahn nicht vorgesehen. Die Nutzung dieser Reisevariante ist in den letzten Jahrzehnten soweit zurückgegangen, dass sich ein wirtschaftlicher Betrieb des Angebots offensichtlich kaum lohnt. Hier soll es aber zwischen der Deutschen Bahn und den aktuellen Betreibern von Autozugverbindungen Gespräche darüber geben, ob und wie künftig eine Autoreise von oder nach Hamburg auch nach 2023 möglich sein wird.

Ich stimme Ihnen zu, dass die Verlegung und die Kapazität des neuen Bahnhofs dem langfristigen Ziel, in der Metropolregion Hamburg mehr Mobilität auf die umweltfreundlichere Schiene zu bringen, entsprechen müssen. Zwei wichtige Vorteile des neuen Standorts sollen dabei eine Entlastung des bereits aus allen Nähten platzenden Hauptbahnhofs sowie die bessere Umstiegsmöglichkeit besonders für Reisende und Pendler aus Schleswig-Holstein sein. Mir ist es darüber hinaus wichtig, dass der Bahnhof Diebsteich auch als Nahverkehrsknoten steigenden Fahrgastzahlen gewachsen ist. Aus Altonaer Sicht werbe ich weiterhin dafür, dass bei der Schienenanbindung des Hamburger Westens (Osdorf, Lurup) die Planungsvariante der S 32 Süd umgesetzt wird. Damit würden zehntausende Menschen in Bahrenfeld, Lurup und Osdorf ebenso wie in angrenzenden Gemeinden Schleswig-Holsteins endlich eine umweltfreundliche und schnellere Alternative zu Bus und PKW erhalten. Damit diese Variante am S-Bahnhof Diebsteich einfädeln könnte, müssten die entsprechenden Ausbaumöglichkeiten vorgehalten werden.
Die Freie und Hansestadt Hamburg unternimmt gegenwärtig einige Anstrengungen, um S-Bahn und U-Bahn als lokales und regionales Nahverkehrsmittel attraktiver zu machen. Dazu gehört der gesteigerte Ankauf neuer Züge, der Ausbau barrierefreier Stationen, aber auch die Ausbauprojekte der U4 und U5, die Verlängerung der S 21 nach Kaltenkirchen und der Bau der S 4 nach Bad Oldesloe. Der Hamburger Senat macht für einen besseren Schienenverkehr so viel wie lange nicht mehr.
Auf Bundesebene haben wir uns im neuen Koalitionsvertrag nicht nur die Zielzahl für mehr Bahnkunden bis 2030 gesetzt. Wir Sozialdemokraten haben uns durchgesetzt, dass der Schienenverkehr deutlich stärker gefördert wird. Erstens wurde eine Verdreifachung der Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) von 330 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro pro Jahr vereinbart. Hiermit kann der Bund vor allem lokale und regionale Schienenprojekte besser fördern. Zweitens wird die Elektrifizierung der Bahnstrecken vorangetrieben. Drittens wird durch eine Senkung der Schienenmaut die Schiene gegenüber der Straße wettbewerbsfähiger gemacht. Das sind wegweisende Maßnahmen, die zum Beispiel auch von der Allianz Pro Schiene positiv bewertet werden: https://www.allianz-pro-schiene.de/presse/pressemitteilungen/koalitionsvertrag-ein-schritt-nach-vorn/
Diese Maßnahmen müssen nun konsequent umgesetzt und weiterentwickelt werden. Da bedarf einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen, aber insbesondere auch der Deutschen Bahn, die ihrem öffentlichen Auftrag, Personen und Güter verlässlich und sicher zu befördern, weiterhin ambitioniert nachkommen sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bartke