Frage an Matthias Bartke von Hauke L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bartke,
ich wünsche mir, die Wahl einer großen Partei mit meinem Gewissen vereinbaren zu können. Aber das fällt mir sehr schwer. Bitte helfen sie mir.
Waffenexporteure werden für illegale Waffenlieferungen angezeigt, aber nicht verurteilt. Auch sie sprechen sich noch immer nicht grundsätzlich gegen Waffenexporte aus.
Der Kauf von Monsanto durch Bayer wird die Verantwortung an der Vergiftung von Menschen und der nachhaltigen Zerstörung von Ackerflächen zu noch größeren Anteilen nach Deutschland holen.
Die versprochene lückenlose Aufklärung des NSU Komplex liegt in weiter Ferne und ist scheinbar nicht im Interesse unserer Regierung, also auch nicht im Interesse der SPD.
Die SPD ist in der Regierung und baut zusammen mit der CDU und der EU eine Mauer durch Afrika, obwohl anscheinend schon jetzt mehr Menschen in der Wüste, als im Mittelmeer sterben. Wieso trägt ihre Partei eine Politik, die Bürger*innen Mauerbau als Bekämpfung von Fluchtursachen verkaufen will und eine EU unterstützt, die Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt? Sie schreiben auf dieser Seite, dass Asylverfahren auf deutschem Boden stattfinden sollen aber sprechen sich nicht für die Schaffung legaler Wege aus.
Ein Jugendlicher wird für Ausschreitungen beim G20 Gipfel bestraft, die er nicht begangen hat und viel zu lange weg-gesperrt und nimmt die massenhafte Einschränkung von Grundrechten in kauf.
Ich schäme mich für dieses Land und seine Regierung mindestens so sehr wie Georg Restle in seinem Tagesschau-Kommentar. Wie soll ich meine Stimme einer SPD geben können, die ein Land regiert, dass den Ausverkauf seiner eigenen Verfassung vorantreibt?
Herzliche Grüße,
H. L.
PS: Bitte informieren sie sich. Zum Beispiel hier:
http://www.nsu-tribunal.de/
https://www.tagesschau.de/kommentar/fluechtlingsgipfel-167.html
http://www.pan-germany.org/
http://www.aufschrei-waffenhandel.de/
http://amnesty-polizei.de/stellungnahme-zum-g20-gipfel-in-hamburg/
Sehr geehrter Herr L.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne möchte ich auf die verschiedenen von Ihnen genannten Punkte eingehen.
Zunächst zu den Waffenexporten: Wir wollen eine Gesetzesinitiative zur Änderung der Rüstungsexportpolitik Deutschlands einbringen. Sie wird ein grundsätzliches Verbot des Kleinwaffenexportes in Drittstaaten außerhalb von EU, Nato und vergleichbaren Ländern enthalten. Zugleich treten wir für eine einheitliche restriktivere Rüstungsexportpolitik in Europa ein. Auch setzen wir uns für eine stärkere Begrenzung von Rüstungsexporten auf Ebene der EU ein. Ich selber setze mich innerhalb meiner Partei für eine noch deutlich restriktivere Waffenexportpolitik ein
Die geplante Übernahme von Monsanto durch Bayer halte ich wie Sie für höchst besorgniserregend. Saatgut und Pestizide sind für Landwirte und Verbraucher von entscheidender Bedeutung. Ich bezweifle, dass der hohe Kaufpreis durch tatsächliches nachhaltiges Handeln des Konzerns wieder hereinkommen kann. Ich hoffe daher, dass die aktuelle Prüfung durch die EU-Kommission zur Ablehnung der Übernahme führt..
Sie haben vielleicht auch die Diskussion um die Wiederzulassung von Glyphosat verfolgt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich hier konsequent gegen die Wiederzulassung und für den vollständigen Ausstieg eingesetzt.
Ihre Einschätzung zum NSU-Komplex kann ich nicht gänzlich teilen. Im Bundestag haben sich zwei Untersuchungsausschüsse mit dem NSU befasst. Auf Betreiben der SPD-Fraktion wurde mithilfe eines Ermittlungsbeauftragten und zahlreichen Sachverständigengutachten ein eingehendes Bild der rechtsextremen Szene an den Tatorten und Wohnorten des NSU erarbeitet. Die vom 1. NSU-Untersuchungsausschuss angestoßenen Reformprozesse in Polizei, Justiz und Verfassungsschutz müssen unbedingt weiter geführt werden. Wir brauchen endlich verlässliche Rahmenbedingungen und eine gesicherte Finanzierung für Projekte und Initiativen zur Extremismusprävention. Selbst nach den möglichen Verurteilungen im NSU-Prozess können wir keinen Schlussstrich unter den Skandal machen. Der NSU wird uns weiter beschäftigen – eine permanente Aufarbeitung der Geschehnisse ist weiterhin wichtig.
Was Flüchtlinge betrifft, so wollen wir gemeinsam die Fluchtursachen in den Heimatländern bekämpfen (dazu zählt für mich kein Mauerbau) und Flüchtlinge innerhalb der EU endlich solidarisch verteilen. EU-Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen eine finanzielle Unterstützung erhalten. Außerdem müssen wir gemeinsam mehr sichere und legale Wege für Schutzsuchende in die EU über Kontingente des UNHCR schaffen – mit Vorrang für Frauen, Kinder und Familien. Das Mandat der EU-Grenzschutzagentur Frontex wollen wir ausbauen und das Sterben auf dem Mittelmeer mit einem europäischen Seenotrettungsprogramm stoppen. Unabhängig vom Recht auf Asyl wollen wir ein Einwanderungsgesetz, damit (potenzielle) Fachkräfte zu uns kommen können.
Mich hat der Kommentar von Georg Restle ebenfalls sehr berührt und Sie können sich sicher sein, dass ich diese Überlegungen in meine politischen Entscheidungen einbeziehe.
Im Zusammenhang mit G20 hat es bislang zwei Verurteilungen gegeben. Ich habe die beiden Prozesse recht genau verfolgt, weil ich für den Wahlkreis Altona im Bundestag sitze, der bekanntlich am meisten von den Zerstörungen durch Gewalttäter betroffen war. Ich habe sämtliche Geschäfte besucht, die in meinem Wahlkreis von Zerstörungen betroffen waren. Manche Mitarbeiter in diesen Geschäften benötigen noch heute psychologische Betreuung. Ich finde es furchtbar, dass das für unsere freiheitliche Gesellschaft konstitutive Demonstrationsrecht von Gewalttätern so missbraucht wird, dass man Gipfeltreffen offenbar nur noch in Diktaturen oder auf Schloss Elmau abhalten kann. Die beiden Urteile des Hamburger Strafgerichts will ich nicht kommentieren. Ich hatte aber den Eindruck, dass die Verurteilung beider Angeklagter auf einer recht sorgfältigen Abwägung erfolgt ist.
Sehr geehrter Herr L., ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass die von Ihnen angesprochenen Themen auch bei mir auf der Agenda stehen. Daneben setze ich mich übrigens insbesondere für genug Wohnungen und bezahlbare Mieten in Altona, sichere Arbeitsverträge und faire Gehälter sowie kostenfreie Bildung von der Kita bis zum Meister oder Master ein.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Bartke