Frage an Matthias Bartke von Heinz O. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Bartke,
ich danke für Ihre Antwort, die jedoch auf den wesentlichen Punkt,
nämlich der noch immer nicht erfolgten Umsetzung des oben genannten Urteil des Bundesverfassungsgericht, womit Sanktionen bereits AUSGESCHLOSSEN wurden,
nicht eingeht.
Wieso weigert sich die "GroKo" schon seit 2 Jahren dieses Urteil, welches eindeutiger und klarer nicht sein kann, endlich umzusetzen?
Ist das Grundgesetz zwischenzeitlich zu einer Makulatur verkommen?
Da die Bund-Länderkommission auch nicht mit Betroffenen zusammen arbeitet und
somit viele vorhandene Probleme, u.a die fachliche Inkompetenz vieler Jobcenter-Mitarbeiter, nicht berücksichtigt (ich behaupte sogar nicht berücksichtigen WILL), und die bisherigen 54 Änderungen im SGB II ALLE zu Verschlechterungen geführt haben, warum sollte dies nun plötzlich anders sein?
Warum wird weiterhin so beharrlich an der "Agenda 2010" festgehalten, obwohl schon etliche Forschungsergebnisse eindeutig deren Scheitern festgestellt haben?
(z.B. Universität Jena, deren wissenschaftliche Forschung sogar über mehrere Jahre ging)
Schade auch, dass meine anderen Fragen unbeantwortet bleiben, was für den Leser
Rückschlüsse zulässt, die nicht gerade für Sie sprechen.
Warum wird auch Frau Inge Hannemann so beharrlich ignoriert, obwohl sie die tatsächliche Situation sehr genau und noch dazu von beiden Seiten kennt?
Bei einem Großteil der Abgeordneten ist dies wohl eindeutig NICHT der Fall und
dennoch erlauben sie sich darüber zu urteilen, ohne die Betroffenen zu hören geschweige denn, zu berücksichtigen. Was hat das noch mit gelebter Demokratie zu tun?
Sehr geehrter Herr Onasch,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
1. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem von Ihnen zitierten Urteil klargestellt, dass Asylbewerber nicht schlechter behandelt werden dürfen als andere SGB II-Leistungsbezieher. Diese Klarstellung war m.E. auch dringend notwendig. Aus diesem Urteil ein verfassungsrechtliches Verbot von Sanktion herauszulesen, halte ich für gewagt.
2. Ich halte die Detailkritik am derzeitigen SGB II-Sanktionssystem in vielen Fällen für zutreffend - dies gilt insbesondere für die verschärften Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Jugendlichen. Ich werde mich daher im Bundestag für eine Abhilfe einsetzen. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand fordert die Bund-Länder-Kommission keineswegs eine Verschärfung.
3. Die Agenda 2010 hat Deutschland wieder nach vorn gebracht - dies lässt sich allein schon an der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen ersehen. Die wichtigste Leistung der Agenda war die Zusammenführung der beiden bis dahin völlig voneinander getrennten Regelsysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Negative Ergebnisse waren allerdings die explosionsartige Zunahme von Leiharbeitsverhältnissen und die Öffnung des Niedriglohn-Sektors. Den Niedriglohnsektor werden wir nun durch die Einführung des Mindestlohnes bis 2017 austrocknen. Und im Bereich der Leiharbeit werden wir noch in dieser Legislaturperiode Regularien einführen, die eine dauerhafte Auslagerung von regulären Arbeitsplätzen in Leiharbeit verhindern. Wir halten also keineswegs starr an der Agenda 2010 fest, sondern bessern dort nach, wo dies notwendig ist.
4. Sie behaupten in Ihrer letzten Frage, dass Frau Hannemann beharrlich ignoriert wird. Wie Sie zu dieser Einschätzung kommen, ist mir rätselhaft. Frau Hannemann ist vom Bundestag zu einer Anhörung eingeladen worden und die Medien haben ausführlich berichtet - eine größere Wertschätzung ist kaum möglich. Es ist aber so, dass die Regierungsfraktionen ihre Positionen im Ergebnis nicht teilen und daher nicht übernehmen.
5. Sie monieren, dass ich Ihre Fragen vom 12.6.2014 nicht komplett beantworte hätte. Genau genommen haben Sie ja nur zwei Fragen gestellt und die zweite habe ich als eher rhetorisch angesehen und in der Tat nicht beantwortet. Die Frage war, wann denn die SPD endlich ihrem Parteinamen wieder gerecht wird. Natürlich beantworte ich Ihnen aber auch dies gern: Die SPD ist ihrer Linie immer treu geblieben. Sie hat vor wenigen Wochen den flächendeckenden Mindestlohn für ganz Deutschland durchgesetzt und ihrem Namen damit allergrößte Ehre gemacht. Die SPD hat ihren Namen in ihrer Geschichte niemals ändern müssen und sie hat sich niemals in den Dienst einer Diktatur gestellt. Dies lässt sich leider nicht von allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien behaupten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bartke