Frage an Matthias Albrecht von Dörte S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Albrecht,
vor einiger Zeit war in den Medien zu lesen, dass sich im Hamburger Hafen Schiffe aus dem Gebiet von Fukushima einfinden werden. Diese Schiffe könnten radioaktiv kontaminiert sein.
Nun frage ich Sie:
1. Wie viele Schiffe aus dem Gebiet von Fukushima sind bereits in Hamburg angekommen?
2. Werden diese Schiffe darauf getestet, ob sie kontaminiert sind?
3. Wenn diese Schiffe kontaminiert sind, was passiert mit ihnen? Laufen sie trotzdem in den Hamburger Hafen ein?
4. Wenn diese Schiffe kontaminiert sind, werden sie dekontaminiert? Und wenn ja wie und wo?
Ihrer Antwort sehe ich gespannt entgegen.
Mit freundlichen Grüße
Dörte Schmidt-Reichard
Sehr geehrte Frau Schmidt-Reichard,
die schreckliche Katastrophe von Fukushima hat uns noch einmal gezeigt, welche Gefahren von der Atomkraft ausgehen. Im Falle Japans können Gefahren für uns durch verstrahlte Güter und Transportmittel ausgehen, die per Schiff oder Luftfracht zu uns kommen. Bereits Ende März - unmittelbar nach Bekanntwerden der Katastrophe - haben sich der Senat, aber auch die Hamburgische Bürgerschaft eindringlich mit dem Thema beschäftigt. Zu Ihren Fragen, die auch in mehreren „Schriftlichen Anfragen“ vom Hamburger Senat beantwortet wurden:
Als Vorbemerkung möchte ich auf folgende Antwort des Hamburger Senats verweisen:
Bereits kurz nach den Ereignissen in Japan wurde unter der Federführung der Behörde für Inneres und Sport eine Expertengruppe eingerichtet, um die Lage regelmäßig zu analysieren und notwendige Maßnahmen für Hamburg zu beschließen und umsetzen zu lassen. Ziel ist es, ein einheitliches Vorgehen aller jeweils zuständigen Stellen zu gewährleisten und die Öffentlichkeit regelmäßig und sachlich zu informieren.
Der Expertengruppe gehören Vertreter der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, der Behörde für Wirtschaft und Arbeit, der Hamburg Port Authority, des Deutschen Wetterdienstes, der Handelskammer Hamburg, der Bundespolizei, der Bundeszollverwaltung, des TÜV NORD, des Flughafen Hamburg, des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg e.V. (UVHH), der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten e.V. (VHSS) sowie der Polizei und der Feuerwehr an.
Auch wenn der Hamburger Hafen nicht direkt aus Japan angelaufen wird, hat sich die Expertengruppe frühzeitig an die Dienststellen des Bundes gewandt und dafür geworben, sich auf einheitliche Grenzwerte im Hinblick auf mögliche Kontaminationen bei Flugzeugen, Schiffen und Waren zu verständigen. Während dies bei der Bewertung von Flugzeugen sehr schnell gelang, gibt es für den Umgang mit Schiffen und Waren bisher nur unverbindliche Empfehlungen. Dies hat in der Folge dazu geführt, dass verschiedene, aus dem Bereich der Strahlenschutzvorsorge abgeleitete Werte in die Diskussion eingebracht wurden.
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion hat sich die Expertengruppe am 1. April 2011 unter der Federführung der Behörde für Inneres und Sport auf ein vorläufiges Verfahren für den Umgang mit Seeschiffen geeinigt und zur bundes- und europaweiten Koordination an den Bund geleitet. Der Vorschlag sieht eine Erweiterung der Meldeverpflichtung von Schiffen von 24 auf 48 Stunden am Point of Contact vor. In der Meldung sollte enthalten sein, ob das Schiff aus den betroffenen Häfen Tokio oder Yokohama kommt beziehungsweise das Seegebiet um Fukushima (< 50 Seemeilen) durchfahren hat. Ferner soll erhoben werden, ob andere Häfen angelaufen und welche Maßnahmen durchgeführt wurden. Erreicht ein Schiff auf direktem Weg Hamburg, sieht der Vorschlag Messungen auf dem Schiff durch die Wasserschutzpolizei vor dem Einlaufen in den Hamburger Hafen vor. Sollte dabei ein Wert von 0,2 Mikrosievert/h (0,2μSv/h) (Maßeinheit für Strahlenbelastung) überschritten werden, wird das Schiff zunächst an den Liegeplatz „Finkenwerder Pfähle “ verbracht. Hier werden weitere Maßnahmen zum Schutz der Besatzung und zur Klärung der tatsächlichen Kontamination eingeleitet.
Aktuell liegt für den Umgang mit Schiffen eine Empfehlung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vor, die einen Wert von 4 Becquerel pro Quadratzentimeter (Bq/cm2) (Maßeinheit für Oberflächenkontamination) als Orientierung vorsieht. Europaweit einheitliche Grenzwerte existieren nicht. Ob Schiffe, die den Hamburger Hafen anlaufen werden und bereits in anderen europäischen Häfen überprüft worden sind, von Bundesbehörden überprüft werden, ist derzeit in einer Klärung. Die Messwerte, die in anderen europäischen Häfen ermittelt wurden, werden den Hamburger Behörden über den Point of Contact übermittelt. Nach bisherigen Einschätzungen von Experten ist nicht davon auszugehen, dass Schiffe, die europäische Häfen nach einer vierwöchigen Überquerung der Meere erreichen, eine erhöhte Kontamination aufweisen. Dennoch bereiten sich die Behörden darauf vor, die ersten einlaufenden Schiffe gegebenenfalls stichprobenartig auf eine erhöhte Kontamination zu überprüfen.
Zu Ihren Fragen:
1.) Pro Woche laufen durchschnittlich sechs Schiffe von japanischen Häfen kommend den Hamburger Hafen an. Eine Veränderung seit dem Zeitpunkt des Atomunfalls in Fukushima hat sich nicht ergeben. Eine direkte Verbindung, ohne Zwischenstopp in anderen europäischen oder deutschen Häfen, gibt es nicht.
2.) Ja, sofern es keine Informationen aus anderen europäischen Häfen gibt, bzw. die Schiffe wider Erwartens doch direkt aus Japan in den Hamburger Hafen einlaufen, werden sie vor dem Einlaufen in Hafen durch die Wasserschutzpolizei überprüft.
3.) Sollten Schiffe kontaminiert sein, was aufgrund der langen Reise zwischen Hamburg und Japan unwahrscheinlich ist, werden die Schiffe zum Notfallliegeplatz Nienstedten (Finkenwerder Pfähle) gebracht. Dieser Liegeplatz ist tideunabhängig und für jede Schiffsgröße geeignet. Anwohner befinden sich weit genug entfernt, um jede Art von gesundheitlicher Gefährdung auszuschließen. Die Kontamination eines Schiffes kann nur so hoch sein, wie die Kontamination vor Ort in Japan. Diese Zahlen sind Hamburger Behörden bekannt. Nach einer vierwöchigen Reise sind 85% der Radioaktivität durch Zerfall abgebaut worden. So das mögliche Gefahren auch rechnerisch im Vorfelde bekannt sind.
4.) Eine mögliche Dekontamination findet durch Fachfirmen statt, die nach den gesetzlichen Bestimmungen arbeiten. Dies kann durch Reinigung von Flächen oder dem Austauschen von Luftfiltern etc. geschehen. Die Entsorgung von kontaminierten Stoffen erfolgt ebenfalls nach gesetzlichen Vorschriften durch Fachfirmen. Der Schiffseigner hat die Kosten zu tragen.
Mit freundlichem Gruß,
Matthias Albrecht